Verfassungswidrige Hausdurchsuchungen

Gleich in drei Fällen hat das Bundesverfassungsgericht verfsasungswidrige Hausdurchsuchungen festgestellt. In zwei Fällen waren Anwaltskanzleien betroffen. Die Fälle können ganz kurz wie folgt zusammengefasst werden:

2 BvR 876/06: Hier wurde eine Hausdurchsuchung ohne richterlichen Beschluss durchgeführt. Aus der Entscheidung:

Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nicht allein mit dem abstrakten Hinweis begründet werden, eine richterliche Entscheidung sei in einer Großstadt gewöhnlicherweise am späten Nachmittag oder frühen Abend nicht zu erlangen. Dem korrespondiert die verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gerichte, die Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters, auch durch die Einrichtung eines Eil- oder Notdienstes, zu sichern (Rz. 13)

2 BvR 1141/05: Hier wurde einem Anwalt vorgeworfen, mehrfach auf einem Sonderfahrstreifen vor dem Justizgebäude in Aachen geparkt zu haben, was dieser bestritten hatte. Daraufhin wurde die Durchsuchung der Büro- und Geschäftsräume der Rechtsanwaltskanzlei zu dem Zweck der Auffindung und Beschlagnahme von Blättern eines Terminkalenders oder einer entsprechenden Datei angeordnet. Aus der Entscheidung:

Richtet sich eine strafrechtliche Ermittlungsmaßnahme gegen einen Berufsgeheimnisträger in der räumlichen Sphäre seiner Berufsausübung, so bringt dies darüber hinaus regelmäßig die Gefahr mit sich, dass unter dem Schutz des
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG stehende Daten von Nichtbeschuldigten, etwa den Mandanten eines Rechtsanwalts, zur Kenntnis der Ermittlungsbehörden gelangen, die die Betroffenen in der Sphäre des Berufsgeheimnisträgers gerade sicher wähnen durften. Dadurch werden nicht nur die Grundrechte der Mandanten berührt. Der Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Anwalt und Mandant liegt auch im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und geordneten Rechtspflege (vgl. BVerfGE 113, 29 <46>). Diese Belange verlangen eine besondere Beachtung bei der Prüfung der Angemessenheit einer strafprozessualen Zwangsmaßnahme (Rz. 16).

2 BvR 1219/05: Die Beschwerdeführer verteidigten einen Mandanten in einem Strafverfahren vor einer großen Strafkammer. Der Kammer gehörte ein Richter an, der den Mandanten in einem früheren Verfahren verteidigte. Der Mandant lehnte den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab, weil ihm in dem früheren Verfahren gravierende Fehler unterlaufen seien und weil er auch nach der Ernennung zum Richter die Zulassung als Rechtsanwalt behalten habe. Mit diesem Vorwurf wandten sich die Beschwerdeführer auch an das Justizministerium und an die Generalstaatsanwaltschaft. In der Folge wurde gegen die Anwälte ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wegen Nötigung. Mit dem angegriffenen Beschluss ordnete das Amtsgericht die Durchsuchung einer der von den Beschwerdeführern unterhaltenen Kanzleien an. Aus der Entscheidung:

Den Beschwerdeführern wird angelastet, den Ausschluss des früher als Rechtsanwalt tätigen Richters aus einem Strafverfahren gegen dessen früheren Mandanten zu betreiben. Um den mit einer Durchsuchung von Kanzleiräumen verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die räumlich geschützte Sphäre der Berufsausübung eines Rechtsanwalts rechtfertigen zu können, hätten die Gerichte sorgfältiger erwägen müssen, ob es sich dabei um ein erlaubtes Prozessverhalten im Interesse des Mandanten handelte (Rz. 18).

Die drei Entscheidungen zeigen, wie unbehelflich der Richtervorbehalt in der Praxis ist und wie wichtig demgegenüber eine funktionierende Verfassungsgerichtsbarkeit ist.