Verfügen oder bloss schreiben?

Dass die moderne Verwaltung lieber schreibt denn verfügt, ist hinlänglich bekannt. Bekannt ist eigentlich auch, dass eine Verfügung auch dann eine Verfügung ist, wenn man sie nicht als solche bezeichnet. Nicht so klar war dies scheinbar dem solothurnischen Amt für Justizvollzug und insbesondere auch dem Verwaltungsgericht, das es nun wirklich besser wissen müsste.

Das Bundesgericht hilft mit einer kleinen Einführung in die Rechtskunde nach (BGer 6B_800/2018 vom 18.10.2018; Vgl. den angefochtenen Entscheid):

§ 20 VRG/SO entspricht wörtlich der Begriffsbestimmung in Art. 5 Abs. 1 des BG über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021). Als Verfügungen gelten danach autoritative, einseitige, individuell-konkrete Anordnungen der Behörde, die in Anwendung von Verwaltungsrecht ergangen, auf Rechtswirkungen ausgerichtet sowie verbindlich und erzwingbar sind (BGE 139 V 72 E. 2.2.1 S. 75 f., 143 E. 1.2 S. 144 f.). Bei aller Formenvielfalt gilt die Verfügung als zentrales Handlungsinstrument eines Verwaltungsträgers zur Regelung von Rechten und Pflichten im Einzelfall. Die Verfügung ist die Anordnung einer Behörde, mit der im Einzelfall ein Rechtsverhältnis geregelt wird, in einseitiger und verbindlicher Weise, gestützt auf öffentliches Recht (…).
Das Disziplinarrecht bestimmt sich nach der Delegationsnorm von Art. 91 Abs. 3 StGB. Vollzugsverfügungen können in Anwendung kantonalen Rechts begrifflich nicht enger ausgelegt werden als im Bundesrecht. Im “Schreiben” werden zusätzliche Pflichten (Verhaltens- und Duldungspflichten) des Beschwerdeführers einseitig und hoheitlich begründet. Es handelt sich somit um eine (anfechtbare) Verfügung. Dass das Schreiben nicht den formellen Anforderungen einer Verfügung genügt, führt nicht zu einer anderen Entscheidung. Indem die Vorinstanz diesem die Verfügungsqualität abspricht und deshalb auf die Beschwerde nicht eintritt, verletzt sie Bundesrecht (E. 3.5).
In der Sache ging es um ein vollzugsrechtliches “Interventionsprogramm” (Art. 91 Abs. 3 StGB). Der Rechtsschutz in vollzugsrechtlichen Angelegenheiten ist ein dunkles Kapitel der Rechtswirklichkeit in der Schweiz. Die Gerichte sind kaum je bereit, näher hinzuschauen und verschanzen sich lieber hinter formellen Argumenten, die sie – wie dieses Beispiel zeigt – aber nicht einmal bundesrechtskonform anwenden. Die meisten Insassen bringen sie damit zwar zum Schweigen, aber besser wird es dadurch nicht.