Vergewaltigung in der Variante des “Unter-Druck-Setzens”
Das Bundesgericht kassiert ein Urteil des Obergerichts ZH, welches den objektiven Tatbestand der Vergewaltigung in der Tatbestandsvariante des “Unter-Druck-Setzens” (Art. 190 StGB) als nicht erfüllt erachtet hatte (BGer 6B_479/2020 vom 19.01.2021). Das Bundesgericht macht zu dieser Tatbestandsvariante folgende Ausführungen:
Die Tatbestandsvariante des Unter-Druck-Setzens stellt klar, dass sich die Ausweglosigkeit der Situation auch ergeben kann, ohne dass der Täter eigentliche Gewalt anwendet. Es kann vielmehr genügen, dass dem Opfer eine Widersetzung unter den gegebenen Umständen aus anderen Gründen nicht zuzumuten ist. Damit wird deutlich, dass eine Situation für das Opfer bereits aufgrund der sozialen und körperlichen Dominanz des Täters aussichtslos im Sinne der sexuellen Nötigungtatbestände sein kann. Diese Dominanz muss nicht notwendigerweise mit der Furcht des Opfers vor körperlicher Gewalt verknüpft sein (BGE 128 IV 106 E. 3a/bb S. 110 f. mit Hinweis). Der psychische Druck, welchen der Täter durch die Schaffung einer Zwangslage erzeugen muss, hat indes von besonderer Intensität zu sein. Zwar wird nicht verlangt, dass er zur Widerstandsunfähigkeit des Opfers führt. Die Einwirkung auf dasselbe muss aber immerhin erheblich sein und eine der Gewaltanwendung oder Bedrohung vergleichbare Intensität erreichen. Dies ist der Fall, wenn vom Opfer unter den gegebenen Umständen und in Anbetracht seiner persönlichen Verhältnisse verständlicherweise kein Widerstand erwartet werden kann bzw. ihm ein solcher nicht zuzumuten ist, der Täter mithin gegen den Willen des Opfers an sein Ziel gelangt, ohne dafür Gewalt oder Drohungen anwenden zu müssen (BGE 131 IV 167 E. 3.1 S. 170 f. mit Hinweisen). Die Auslegung der Art. 189 f. StGB hat sich insoweit insbesondere an der Frage der zumutbaren Selbstschutzmöglichkeiten des Opfers zu orientieren (BGE 128 IV 106 E. 3b S. 113; Urteil 6B_145/2019 vom 28. August 2019 E. 3.2.4; je mit Hinweis).
Herr Jeker können Sie etwas genaueres zum konkreten Sachverhalt sagen? Wie hat sich das Unter-Druck-Setzen hier genau abgespielt? Wäre noch interessant zu wissen, denn die Erfüllung dieser Tatbestandsvariante ist eher selten zu finden….
@ProStA: ich kenne auch nur den Entscheid des BGer.
Im Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich finden sich evtl. weitere Ausführungen (ich habe es nicht gelesen): https://www.gerichte-zh.ch/fileadmin/user_upload/entscheide/oeffentlich/SB190178-O1.pdf
Herzlichen Dank für den Link.
Für was genau soll nun der Tatbestand des Übergriffes eingeführt werden? Eigentlich greift ja die Erwägung des BGE genau den Sachverhalt auf, welcher heute angeblich nicht strafbar sei nähmlich dann wenn eben keine Drohung oder Gewalt angewendet wurde ?!?