Verhalten nach Unfall

Fünf Bundesrichter haben ein Urteil des Kantonsgerichts Luzern kassiert, das eine Automobilistin wegen Nichtgenügens der Meldepflicht  (Art. 92 Abs. 1 SVG) verurteilt hatte (BGer 6B_322/2015 vom 26.11.2015)

Nach dem Entscheid ist die Rechtslage allerdings (für mich) nicht klarer als vorher:

Ereignet sich ein Unfall, muss der beteiligte Motorfahrzeug- oder Fahrradlenker unverzüglich anhalten. Denn nur so kann geklärt werden, ob ein Schaden entstanden ist. Das Anhalten ist mithin die Voraussetzung für die Erfüllung der weiteren Pflichten auf der Unfallstelle (…). Dementsprechend macht sich der Unfallbeteiligte, der weiterfährt, ohne sich zu vergewissern, ob ein Sach- oder Personenschaden eingetreten ist, unabhängig davon strafbar, ob sich nachträglich herausstellt, dass kein Schaden eingetreten ist (…). Die Pflicht entfällt nur, wenn von vornherein zweifelsfrei feststeht, dass kein Fremdschaden eingetreten ist …). Hält der Fahrzeuglenker an und unterlässt er die Benachrichtigung des Geschädigten oder der Polizei, verletzt er nach dem Wortlaut des Gesetzes seine Pflichten gemäss Art. 5 1 Abs. 3 SVG indes nur, wenn tatsächlich ein Sachschaden entstanden ist. […].

Im zu beurteilenden Fall musste die Beschwerdeführerin aufgrund der gegebenen Umstände annehmen, dass die von ihr verursachte Kollision am Fahrzeug von A. einen Schaden hätte bewirkt haben können. Sie war daher zunächst verpflichtet, anzuhalten und nachzusehen, ob sie einen Schaden verursacht hatte. Dem ist die Beschwerdeführerin nachgekommen. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz stieg sie nach der Kollision aus ihrem Wagen aus und untersuchte zusammen mit dem Zeugen B. das Auto von A. auf allfällige Schäden. Dabei hat sie zwar Schäden entdeckt. Wie die kantonalen Instanzen festhalten, sind diese aber nicht von ihr verursacht worden. Mangels Eintritts eines Schadens traf die Beschwerdeführerin somit keine Meldepflicht. Sie durfte daher von einer Benachrichtigung von A. bzw. der Polizei absehen (E. 3, Hervorhebungen durch mich).
Da würde es natürlich interessieren, wie die Vorinstanz überhaupt auf einen Unfall schloss. Jedenfalls heisst die Regel nun so: Anhalten, nachschauen und feststellen, dass die Schäden nicht von mir verursacht wurden.