Verjährter Tatverdacht?
In einem Haftbeschwerdeverfahren trug der Beschwerdeführer vor, der ihm zur Last gelegte Mord sei mit grosser Wahrscheinlichkeit seit dem Jahr 2020 verjährt, da die Verjährungsfrist höchstwahrscheinlich nicht unterbrochen worden sei. Anwendbar war das alte, bis 1. Oktober 2002 geltende Verjährungsrecht mit der offenbar nicht abschliessenden Aufzählung von verjährungsrelevanten Unterbrechungshandlungen (aArt. 72 Ziff. 2 StGB).
Das Bundesgericht hat nun in der damaligen Lehre umstrittene Auslegungsfragen zu der Norm, die seit über 20 Jahren nicht mehr in Kraft ist, in einem Grundsatzentscheid geklärt (BGE 7B_915/2024 vom 01.10.2024, Publikation in der AS vorgesehen). Danach hat eine Sistierungsverfügung (2008) keine unterbrechende Wirkung, eine Editionsverfügung (2004) dagegen schon:
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers und der Vorinstanz ist für die Beurteilung dieser Frage irrelevant, ob die Verfügung eine Art “Zielrichtung” gegen den Beschwerdeführer aufwies. Wie der Beschwerdeführer selbst anmerkt, liegt es in der Natur einer jeden Untersuchungshandlung, dass sie sich grundsätzlich gegen den Straftäter richtet.
Vorliegend hat das Untersuchungsrichteramt mit der Editionsverfügung vom 14. Juli 2004 den “C. Medien” konkrete Anweisungen gegeben, um eine Liste von Personen zu erstellen, die für die Aufklärung des mutmasslichen Mordes von Bedeutung sein könnten, und das Verfahren damit einen Schritt weitergeführt. Es ist für die Beurteilung des dringenden Tatverdachts davon auszugehen, dass die Verjährung dadurch unterbrochen wurde. Unter diesen Umständen ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den allgemeinen Haftgrund bejaht (E. 4.6).
E.4.2-4.6 (insbesondere 4.5) veranschaulichen, zu welchen interpretationsbedürftigen Auswüchsen das alte Verjährungsrecht in der strafrechtlichen Rechtsprechung und -lehre führt(e).
Und wie kompliziert, die Verjährung zu berechnen und damit für die Allgemeinheit teilweise unverständlich, was die Rechtssicherheit gefährdet(e).
Man möge auch daran denken, wann immer das Gejammer der überlasteten Justiz erklingt.