Verjährungsrechtliche Einheit oder Handlungseinheit?
Das Bundesgericht kassiert einen Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich wegen bundesrechtswidriger Anwendung des Verjährungsrechts. Die neue Rechtsprechung wird in E. 1.2 des Entscheids (6S.158/2006 vom 09.06.2006) wie folgt zusammengefasst:
In BGE 131 IV 83 (Entscheid 6S.163/2004 vom 11. November 2004, E. 2.4.4) hat das Bundesgericht die Figur der verjährungsrechtlichen Einheit aufgegeben. Dies verunmöglicht es aber nicht, mehrere tatsächliche Handlungen in gewissen Fällen rechtlich als Einheit zu qualifizieren. Zunächst ist an Fälle der tatbestandlichen Handlungseinheit zu denken. Eine solche liegt einmal bei Dauerdelikten aber auch dann vor, wenn das tatbestandsmässige Verhalten mehrere unter Umständen auch länger andauernde Einzelhandlungen voraussetzt (z.B. Misswirtschaft, Art. 165 StGB). Weiter können mehrere Einzelhandlungen im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden, wenn sie auf einem einheitlichen Willensakt beruhen und wegen des engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs bei objektiver Betrachtung noch als ein einheitliches Geschehen erscheinen (z.B. eine “Tracht Prügel”). Die natürliche Handlungseinheit kann jedoch nur mit Zurückhaltung angenommen werden, will man nicht das fortgesetzte Delikt oder die verjährungsrechtliche Einheit unter anderer Bezeichnung wieder einführen. Abgesehen von den Konstellationen der Tateinheit ist der Lauf der Verjährung für jede Tathandlung gesondert zu beurteilen. Bei Dauerdelikten beginnt die Verjährung mit Beendigung des rechtswidrigen Zustands (Art. 71 lit. c StGB), ansonsten mit der Ausführung der letzten Tätigkeit (Art. 71 lit. b StGB) zu laufen (BGE 131 IV 83 E. 2.4.5; Entscheide 6S.397/2005 vom 13. November 2005, E. 2 und 6S.275/2005 vom 14. Dezember 2005 E. 3.1.1.3). (E. 1.2).