Verletzung des Beschleunigungsgebots: Kostenfolgen

Es reicht (bekanntlich) nicht, im Urteilsdispositiv eines Haftentscheids einfach nur die Verletzung des Beschleunigungsgebots festzustellen, die Verfahrenskosten aber dennoch vollumfänglich dem Häftling aufzuerlegen. Das Obergericht ZH hat das dennoch versucht und ist vor Bundesgericht gescheitert (BGer 1B_138/2021 vom 09.04.2021):

Nach Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO tragen die Parteien die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens. Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer gestützt auf diese Bestimmung aufgrund seines Unterliegens Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 800.– auferlegt. Indes gilt es vorliegend zu berücksichtigen, dass der Beschwerde vor der Vorinstanz die Rechtsfolgen einer unbestrittenen Verletzung des Beschleunigungsgebots durch die Behörden, mithin ein Verfahrensfehler, zugrunde lagen. Dem hätte die Vorinstanz bei der Verlegung der Kosten des Rechtsmittelverfahrens Rechnung tragen müssen, indem sie die Gerichtskosten angemessen reduziert oder allenfalls sogar auf die Erhebung von Kosten verzichtet hätte (vgl. BGE 137 IV 118 E. 2.2 S. 121 f.; 137 IV 92 E. 3.2.3 S. 98; Urteil 1B_6/2019 vom 31. Januar 2019 E. 5.3; je mit Hinweisen). Die Beschwerde ist daher in diesem Punkt gutzuheissen. Ziffer 2 des Dispositivs des angefochtenen Entscheids ist aufzuheben (E. 3.2).  

Verletzt war übrigens die aus der EMRK abgeleitete gesetzliche Frist von 96 Stunden bis zum Haftentscheid:

Vorliegend wirft der Beschwerdeführer allerdings zu Recht die Frage auf, weshalb das Zwangsmassnahmengericht mit der Fristansetzung zur Stellungnahme bis zum 1. Februar 2021 um 16.07 Uhr zugewartet hat, obschon der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung von Untersuchungshaft bereits vom 30. Januar 2021 datiert. Daran ändert auch nichts, dass der 30. Januar 2021 ein Samstag war. Die in Art. 224 Abs. 2 und Art. 226 Abs. 1 StPO normierten Behandlungsfristen stehen am Wochenende nicht still (CHRISTOF RIEDO, a.a.O., N. 6 zu Art. 90 StPO). Das Zuwarten des Zwangsmassnahmengerichts ist umso unverständlicher, als im konkreten Fall weder besondere prozessuale Schwierigkeiten, zum Beispiel aufgrund einer Überführung des Beschwerdeführers, ersichtlich sind noch ein besonders komplexer Sachverhalt zur Diskussion steht. Dazu äussert sich der angefochtene Entscheid nicht (E. 2.4). 

Für eine Haftentlassung reichte es aber auch vor Bundesgericht nicht. Schliesslich kann man das Gesetz nicht allzu ernst nehmen, denn formelle Gerechtigkeit spielt im konkreten Anwendungsfall keine grosse Rolle..

Es wäre vielmehr stossend, könnte sich der Beschwerdeführer dieser materiell begründeten Untersuchungshaft aus rein formalen Gründen entziehen (vgl. DANIEL LOGOS, a.a.O., N. 7 zu Art. 226 StPO) [E. 4.2]. 

Mir würde es nicht aufstossen, wenn das Bundesgericht behördliche Gesetzesverletzungen konsequent ahnden würde. Ich bin überzeugt, dass sich diese deutlich konsequenter an die Regeln halten würden. Das würde deutlich weniger kosten und müsste nicht von der Allgemeinheit bezahlt werden.