Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes als Willkür

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichts wertet die Verteidigung und ihre Antragsrechte auf. Es wirft dem Kantonsgericht SG vor, den Sachverhalt in mehrfacher Hinsicht nicht hinreichend festgestellt zu haben (BGer 6B_790/2021 vom 20.01.2022).

Wenn etwa der Beschuldigte eine Tat bestreitet, die nur aus den Angaben in einem Polizeirapport hervorgeht, kann eine Verurteilung ohne weitere Beweisabnahmen nicht erfolgen:

Hinsichtlich des Schuldspruchs wegen Diebstahls, namentlich in Bezug auf die Fragen, ob und welche fremden beweglichen Sachen der Beschwerdeführer zur Aneignung weggenommen haben soll, sind die Angaben der Geschädigten ausschlaggebend. Weitere Beweise liegen nicht vor, nachdem das Deliktsgut nicht sichergestellt werden konnte und es an anderen diesbezüglichen Hinweisen fehlt. Eine formelle Einvernahme der Geschädigten hat indessen nie stattgefunden. Deren Angaben sind nur im Polizeirapport der Kantonspolizei St. Gallen vom 20. Februar 2018 ersichtlich (…). Wenn die Vorinstanz einzig auf den Polizeirapport abstellt und keine weiteren Beweise abnimmt, mithin keine Befragungen der Geschädigten über das Deliktsgut vornimmt, obwohl der Beschwerdeführer die Wegnahme desselben bestreitet (…), verfällt sie ebenfalls in Willkür und kommt sie ihrer Untersuchungspflicht nicht nach. Ihr Entscheid genügt ferner ebenso in diesem Punkt den Begründungsanforderungen von Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG nicht und verletzt den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (vgl. E. 1.4.3 oben) [E. 1.5.3, Hervorhebungen durch mich].

Bemerkenswert ist weiter, dass nicht weiter abgeklärte Zweifel an der Frage, ob ein sichergestelltes Werkzeug das Tatwerkzeug sei, Willkür begründen:

Es ergibt sich weder aus dem Polizeirapport noch aus den in den Akten befindlichen Fotos, dass die vorgeworfenen Beschädigungen auf das fragliche Vierkanteisen zurückzuführen sind. Es wurde auch keine forensische Untersuchung (etwa über korrespondierende Kontaktspuren) durchgeführt, die darüber hätte Aufschluss geben können, ob die Beschädigungen an der Trennwand im Kellerabteil und am Personenwagen auf das aufgefundene Eisenstück zurückzuführen sind oder nicht. Ebenso fehlen andere Indizien, welche die Vermutung eines Zusammenhangs stützen würden. Die Vorinstanz legt denn auch in keiner Weise dar, weshalb sie davon ausgeht, dass es sich beim Vierkanteisen um das Tatwerkzeug handelt. Indem sie ohne weitere Begründung und ohne zusätzliche Beweise abzunehmen trotz entsprechender Einwände des Beschwerdeführers (vgl. vorinstanzliche Akten B/38 S. 5 f.) das Vierkanteisen als Tatwerkzeug betrachtet, stellt sie den Sachverhalt willkürlich fest und kommt sie ihrer Untersuchungspflicht nicht nach (E. 1.4.3).