Verspätetes Entsiegelungsgesuch

In einem Rechtshilfeverfahren zu Gunsten Deutschlands als ersuchendem Staat hat die Oberzolldirektion Unterlagen bei einem Unternehmen beschlagnahmt. Das Unternehmen als Inhaberin erhob Einsprache, was zur Siegelung der beschlagnahmten Akten führte. Auf das Entsiegelungsgesuch der Oberzolldirektion trat die gemäss Bundesgericht zuständige II. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts nicht ein. Das Bundesgericht hob den Entscheid mit Urteil vom 06.01.2012 auf (BGer 1C_365/2011 vom 6. Januar 2012; s. auch meinen früheren Beitrag). Auch die Neubeurteilung führte nun zu einem Nichteintretensentscheid (BStGer BE.2012.2 vom 04.04.2012):

Vorliegend erfolgte die Versiegelung der Unterlagen am Mittwoch, 4. Mai 2011 (…). Die Gesuchstellerin stellte das Entsiegelungsgesuch am Montag, 30. Mai 2011, mithin also 26 Tage nach Versiegelung der sichergestellten Unterlagen. Die anwendbare gesetzliche Frist endete bereits am Dienstag, 24. Mai 2011.
Die Gesuchstellerin äussert sich zur Frage nach der Fristwahrung nicht. Im Rahmen ihres Gesuchs führt sie jedoch aus, die Akten seien am 4. Mai 2011 auf Verlangen von B. (als einzigem Verwaltungsratsmitglied der Gesuchsgegnerin mit Einzelunterschrift) “vorsorglich” versiegelt worden. Am 17. Mai 2011 seien alle bei der A. SA sowie bei B. selbst beschlagnahmten Unterlagen in Anwesenheit von Mitarbeitern der Zollfahndung, der am Verfahren beteiligten ausländischen Beamten sowie von B. und dessen Vertreter ausgeschieden worden. Nach Rücksprache mit seinem Anwalt habe B. am 17. Mai 2011 “definitiv” die Versiegelung der vorliegend noch zur Diskussion stehenden Unterlagen verlangt (RR.2011.139, act. 1, Ziff. I, S. 2). Sollte die Gesuchstellerin tatsächlich annehmen, die Frist von 20 Tagen gemäss Art. 248 Abs. 2 StPO sei vorliegend erst am 17. Mai 2011 ausgelöst worden, so verkennt sie, dass die Frist unmittelbar bei der anlässlich der Hausdurchsuchung erfolgten Versiegelung zu laufen begann und durch die nachfolgenden Verhandlungen eben gerade nicht verlängert wurde (siehe THORMANN/BRECHBÜHL, a.a.O.).
Das vorliegende Entsiegelungsgesuch erweist sich daher als verspätet, weshalb auf dieses nicht eingetreten werden kann. Die noch versiegelten Unterlagen sind der Gesuchsgegnerin in Anwendung von Art. 9 IRSG i.V.m. Art. 248 Abs. 2 StPO zurückzugeben (E. 2.3).