Vertagter Freispuch

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gegen die Einstellung einer Strafuntersuchung gut, die einen Vorfall aus dem Jahr 2005 betrifft (BGer 6B_718/2013 vom 27.02.2014). Der Grund lag wohl letztlich darin, dass die Vorinstanz ihr Urteil in Bezug auf den Grundsatz von “in dubio pro duriore” zu wenig beschwerdesicher begründet hatte:

Indem [die Vorinstanz] zum Schluss gelangt, eine Verurteilung erscheine nicht wahrscheinlicher als ein Freispruch, ist noch nicht dargelegt, dass sie einen Freispruch als wahrscheinlicher erachtet. In Anbetracht der angezeigten schweren Sexualdelikte drängt sich überdies eine Anklageerhebung auch auf, wenn sich die Wahrscheinlichkeiten eines Freispruchs oder einer Verurteilung die Waage halten (E. 2.5).

Ob aus diesem Verfahren ausser vertagten Freisprüche noch etwas wird, wage ich zu bezweifeln.

Interessant sind übrigens die Erwägungen des Bundesgerichts zur persönlichen Anhörung. Sie führen dazu, dass bei Sexualdelikten gar nicht mehr eingestellt werden darf – es sei denn, man führe im Beschwerdeverfahren ein eigentliches Beweisverfahren durch.

Gerade bei Sexualdelikten, die in der Regel aufgrund einer Beweiskonstellation der “Aussage gegen Aussage” zu beurteilen sind, ist die unmittelbare Wahrnehmung durch das Gericht unverzichtbar. Andernfalls beruht die Aussagewürdigung auf einer unvollständigen Grundlage, was bei sich widersprechenden Angaben um so stärker ins Gewicht fällt (hierzu Hans Mathys, Erstinstanzliches Hauptverfahren – Berufungsverfahren, in: Schweizerische Strafprozessordnung, Tag/Hauri [Hrsg.], 2010, S. 133 ff.) [E. 2.5].