Verteidigung unter Redezeitbeschränkung

Steiger Legal weist heute auf einen Bundesgerichtsentscheid hin, der ganz gut zu meinem letzten Beitrag passt, zumal es ebenfalls um die Bestrafung einer Anwältin geht. Sanktion ist hier nun allerdings nicht eine Busse, sondern eine Beschränkung der Redezeit (BGer 6B_726/2011 vom 15.03.2012). Aber ernsthaft: was das Bundesgericht in diesem Entscheid ausführt, ist m.E. nicht mehr und nicht weniger als eine Geringschätzung des Instituts der Strafverteidigung:

Immerhin konnte sich der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren während zwanzig Minuten zum angeklagten Sachverhalt äussern. Dabei beschränkte sich das zweitinstanzliche Verfahren auf die Betäubungsmitteldelikte und die Strafzumessung. Bereits in den beiden erstinstanzlichen Verfahren erhielt der Beschwerdeführer Gelegenheit, seine Auffassung einlässlich darzulegen, weshalb die Parteien im vorinstanzlichen Verfahren im Wesentlichen ihre früheren Standpunkte wiederholen konnten. Angesichts dieses Verfahrensablaufs drängte sich ungeachtet der gewichtigen Anklagepunkte kein längeres Plädoyer auf. Die Vorinstanz durfte die Redezeit in Anwendung des kantonalen Strafprozessrechts auf das notwendige Minimum beschränken. Auch der Umfang der Anklage und der Akten legt keinen anderen Schluss nahe. Angesichts des nicht allzu umfangreichen Beweismaterials von vier Dossiers, einem Ordner (vgl. Liste act. 1349) und der Anklage von rund fünf Seiten (act. 1063 bis act. 1067) musste es der Verteidigerin möglich sein, ihre Ausführungen auf die von der Vorinstanz gewährte Redezeit zu konzentrieren. Der Anspruch auf rechtliches Gehör bedeutet nicht, dass sich eine Partei in alle Einzelheiten verlieren darf. Sie muss bloss Gelegenheit erhalten, zu sämtlichen Anklagepunkten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen. Dieses Recht wurde dem Beschwerdeführer gewährt. Die Rüge ist unbegründet, soweit darauf einzutreten ist (E. 1.3).

Der Klient wurde übrigens zu einer Freiheitsstrafe von 31 Monaten verurteilt. Mir hätten 20 Minuten nicht einmal für die Strafzumessung gereicht.