Veruntreuungsfalle als verdeckte Ermittlung?

Einer Polizeibeamtin wurde durch ihre Kollegen bzw. durch einen “Mittelsmanns” eine Falle gestellt, in die sie prompt hinein tappte. Das Bundesgericht hatte zu beurteilen, ob es sich bei folgendem Sachverhalt um eine verdeckte Ermittlung handelte (BGer 6B_141/2011 vom 23.08.2011, Fünferbesetzung):

Die Polizeibeamtin X. nahm am 21. Juni 2008 am Schalter der Stadtpolizei Luzern von einer Finderin ein Couvert mit Fr. 550.– entgegen und stellte eine Fundanzeige aus. Das Geld gelangte aber nie an das Fundbüro. Daher bestand der Verdacht, X. habe das Geld veruntreut. Mit Genehmigung der Amtsstatthalterin Luzern stellte die Polizei eine “Veruntreuungsfalle”, indem ein Mittelsmann der Polizei am 8. Oktober 2008 der diensthabenden X. eine Bauchtasche, enthaltend unter anderem EUR 153.–, abgab mit der Bemerkung, diese sei von Touristen gefunden worden, in deren Auftrag er sie abliefere. Vor Dienstschluss von X. wurde festgestellt, dass diese das Formular “Fundanzeige” insoweit nicht richtig ausgefüllt hatte, als dass sie darin das in der Bauchtasche enthaltene Notengeld im Gesamtbetrag von EUR 150.– nicht aufgeführt hatte. Nachdem X. ihren Nachtdienst beendet hatte, wurde sie am 9. Oktober 2008, um 07.00 Uhr, an ihrem Arbeitsplatz festgenommen und in der Folge polizeilich befragt. Sie gab zu, den Betrag von EUR 150.– aus der Bauchtasche behändigt zu haben. Anlässlich einer zweiten polizeilichen Befragung am Nachmittag desselben Tages räumte sie nach anfänglichem Bestreiten auch ein, den Betrag von Fr. 550.–, der am 21. Juni 2008 abgegeben worden war, an sich genommen zu haben. Mit schriftlicher Eingabe vom 17. Oktober 2008 sowie anlässlich der untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom 13. November 2008 widerrief X. ihr Geständnis betreffend den Vorfall vom 21. Juni 2008. Sie bestätigte hingegen den Vorfall vom 8./9. Oktober 2008.

Das Bundesgericht kommt zur Auffassung, dass auch nach seiner bisherigen Rechtsprechung kein Fall einer verdeckten Ermittlung vorlag. Es fehle am Kriterium des “Anküpfens von Kontakten”:

Der Mittelsmann der Polizei beschränkte sich darauf, am 8. Oktober 2008 auf dem Polizeiposten der diensttuenden Beschwerdegegnerin, die im Verdacht stand, im Juni 2008 eine Fundsache veruntreut zu haben, eine Bauchtasche samt Inhalt abzugeben mit der wahrheitswidrigen Bemerkung, diese sei von Touristen gefunden worden, in deren Auftrag er sie abliefere. Danach entfernte er sich wieder. Damit fanden kein Gespräch und keinerlei Interaktion zwischen den beiden Beteiligten im Hinblick auf die Begehung einer strafbaren Handlung statt. Wohl wurde die verdächtige Zielperson getäuscht, indem der Mittelsmann der Polizei sich nicht als solcher zu erkennen gab und wahrheitswidrig erklärte, bei der Bauchtasche handle es sich um einen Fundgegenstand. Doch wirkte der Mittelsmann der Polizei weder auf die Zielperson ein, noch wäre es aufgrund eines irgendwie gearteten Zusammenwirkens anlässlich seines Erscheinens am Dienstort der Zielperson zu einer strafbaren Handlung gekommen. Daher ist das wesentliche Kriterium des “Anknüpfens von Kontakten” nicht erfüllt. Es ging beim Einsatz nur darum, einen Gegenstand als eine während der Dienstzeit der verdächtigen Zielperson abgegebene Fundsache kenntlich zu machen. Daher hätte der Mittelsmann der Polizei ebenso gut den Gegenstand etwa versehen mit der Aufschrift “gefunden” wortlos während der Dienstzeit der verdächtigen Zielperson auf dem Polizeiposten deponieren können. Das Anknüpfen eines Kontaktes mit der Zielperson war gerade nicht erforderlich. Die Beschwerdegegnerin ihrerseits beging die ihr angelastete Veruntreuung aufgrund einer vom Verhalten des Mittelsmannes der Polizei unabhängigen Entscheidung (E. 2.3)

Die Vorinstanz hatte die Frage anders beurteilt und verwertete die entsprechenden Beweismittel nicht. Für die neue Beurteilung bleibt ihr wohl nur noch, die Beschwerdeführerin im Sinne der Anklage zu verurteilen.