Verwahrung oder ambulante Therapie?

In einem gestern online gestellten Urteil hat das Bundesgericht eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft abgewiesen, die den Täter (versuchte vorsätzliche Tötung, 12 Jahre Freiheitsstrafe) verwahrt sehen wollte. Die Vorinstanz hatte ihn zu einer ambulanten Massnahme während des Strafvollzugs verurteilt, was sich angesichts der Dauer der Freiheitsstrafe ja geradezu aufdrängte.

Das Problem lag nun darin, dass der Täter nicht behandlungswillig war. Diese Weigerungshaltung bezog sich aber nur auf das Setting. Er wehrte sich nur gegen eine stationäre Einweisung. Das Bundesgericht hat die Beschwerde der Staatsanwaltschaft daher abweisen müssen (BGer 6B_463/2016 vom 12.09.2016)

Vorliegend durfte die Vorinstanz jedoch berücksichtigen, dass der Beschwerdegegner eine längere Freiheitsstrafe zu verbüssen hat. Unter diesen Umständen verletzt es kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz anstelle der stationären eine vollzugsbegleitende ambulante Massnahme anordnet. Die vollzugsbegleitende ambulante Massnahme erscheint unter den konkreten Umständen (vorerst) erfolgversprechender, da sich der Beschwerdegegner für eine ambulante Behandlung – anders als für eine stationäre Massnahme – motiviert erklärte, und sie trägt auch dem Sicherheitsbedürfnis Rechnung.
Die Vorinstanz weist allerdings zu Recht darauf hin, dass die Umwandlung der ambulanten therapeutischen Massnahme in eine stationäre Massnahme (vgl. Art. 63b Abs. 5 StGB; Urteil 6B_253/2015 vom 23. Juli 2015 E. 2.2) und (von dort aus) allenfalls in eine Verwahrung (Art. 62c Abs. 4 StGB; MARIANNE HEER, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, N. 32a zu Art. 63 StGB) zu prüfen sein wird, falls sich der Beschwerdegegner im Rahmen der weniger intensiven ambulanten Therapie trotz seiner Ankündigung nicht kooperationsbereit zeigen oder falls dies nach Beendigung des Strafvollzugs aus Sicherheitsgründen erforderlich sein sollte. Ob anstelle der vollzugsbegleitenden ambulanten Massnahme entgegen dem Wortlaut von Art. 63b Abs. 5 StGB direkt eine Verwahrung angeordnet werden kann, braucht an dieser Stelle nicht beantwortet zu werden (E. 1.4).
Damit hat die Justiz einen weiteren Fall einer 59er-Massnahmen (vorerst) verhindert.