Verweigerter Anwaltswechsel

Die m.E. viel zu restriktiv und nun wirklich niemandem dienende Praxis beim Wechsel der amtlichen Verteidigung wird selbst dann zur Anwendung gebracht, wenn auch der bisherige amtliche Verteidiger dafür hält, das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem Mandanten sei offenkundig zerrüttet (BGer 1B_127/2015 vom 08.06.2015).

Im vorliegenden Fall fasst das Bundesgericht die Rüge des Beschwerdeführers wie folgt zusammen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid verletze Art. 134 Abs. 2 StPO. Er habe stets auf seiner Unschuld beharrt. Als er sich noch in Untersuchungshaft befunden habe, habe ihm der Staatsanwalt angeboten, ihn gegen ein Geständnis aus der Haft zu entlassen. Rechtsanwalt […] habe ihm – dem Beschwerdeführer – empfohlen, das Angebot anzunehmen. Damit sei das Vertrauensverhältnis zwischen ihnen erheblich gestört worden (E. 2.1).

Es war hier nicht einmal erstellt, ob der bisherige Anwalt tatsächlich zum Geständnis geraten hatte. Aber selbst wenn er so beraten hätte, wäre das kein Grund für einen Wechsel:

Danach hätte das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und Rechtsanwalt […] nur dann als erheblich gestört betrachtet werden können, wenn Letzterer den Strafbehörden gegenüber angedeutet hätte, er halte den Beschwerdeführer für schuldig. Dies trifft nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht zu. Falls Rechtsanwalt […] dem Beschwerdeführer gesagt haben sollte, er erachte ein Geständnis als vorteilhaft, führte das nicht zur Annahme der erheblichen Störung des Vertrauensverhältnisses (E. 2.3).

Das Bundesgericht konnte diesen Fall wohl wirklich nicht anders entscheiden. Es ist aber wie bereits gesagt wenig sachdienlich, wenn der bisherige Verteidiger nun weitermachen muss. Dieser kann immerhin für sich beanspruchen, seinen Mandanten selbst dann noch unterstützt zu haben, als es Letzterem darum ging, ihn loszuwerden.

Nur am Rande: Wer Diskussionen um ein mögliches Geständnis nicht aktenkundig werden lassen will, der beschwere sich besser nicht über seinen Anwalt.