Verweigerung der Rechtshilfe an die Türkei
Zum wiederholten Mal musste sich das Bundesgericht mit einem inländischen Rechtshilfeverfahren zugunsten der Türkei befassen. Die Türkei hatte darum ersucht, die rechtshilfeweise in der Schweiz vor ca. 11 Jahren beschlagnahmten Gelder zu überweisen, weil sie in der Türkei bereits eingezogen worden waren.
Der nicht beschuldigte Kontoinhaber störte sich daran, dass er im türkischen Verfahren (noch immer) nicht angehört wurden. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und setzt dem Trauerspiel nun ein Ende, indem es die Kontensperre endlich aufhebt (BGer 1C_565/2019 vom 10.02.2020).
Eine solche prozessuale Haltung verletzt die oben (E. 6.3-6.8) dargelegten elementaren Grundsätze des internationalen Strafrechts. Wenn die türkischen Strafbehörden gestützt auf das fragliche Strafurteil Vermögen der Beschwerdeführerin rechtshilfeweise einziehen wollen, hätten sie sie im Einziehungsverfahren als nicht mitbeschuldigte, aber von einer strafrechtlichen Sanktion mitbetroffene Partei grundsätzlich zulassen müssen. Zumindest aber hätten die türkischen Behörden im vorliegenden Fall – auf die förmliche Nachfrage der schweizerischen Rechtshilfebehörden vom 27. September 2017 hin – darlegen können und müssen, wie die elementaren Verfahrensrechte der Beschwerdeführerin nachträglich (etwa durch eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens) noch gewahrt werden könnten. Der angefochtene Entscheid verkennt insofern auch materiell die einschlägigen Regeln der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (E. 7.2).
Für das Rechtliche verweise ich insbesondere auf E. 6.7:
Zu den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen im Sinne von Artikel 2 lit. a IRSG, denen ein ausländisches Einziehungsurteil grundsätzlich entsprechen muss, zählt nach der Praxis des Bundesgerichtes insbesondere der Anspruch betroffener Konteninhaber auf rechtliches Gehör. Nötigenfalls kann die ersuchende Behörde (vor einer Herausgabe von Vermögenswerten zur Einziehung oder Rückerstattung) aufgefordert werden, Belege für die Einhaltung der Verfahrensgarantien einzureichen (BGE 145 IV 99 E. 3.3 S. 110 f.; 131 II 169 E. 6 S. 175; 123 II 595 E. 5c/bb S. 609 f.; je mit Hinweisen; vgl. Michael Aepli, BSK IRSG, Art. 74a N. 12, 46; Baumann/Stengel, BSK GwUe, Art. 14 N. 10; Forster, BSK GwUe, Art. 18 N. 5; Sarah Summers, BSK IRSG, Art. 2 N. 7 ff.; Robert Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 5. Aufl., Bern 2019, Rz. 302, Rz. 337 S. 358, Rz. 681 f.). Auch nach der einschlägigen Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) ist Personen, deren Eigentum strafrechtlich eingezogen wird, im betreffenden Verfahren grundsätzlich die Parteistellung einzuräumen (vgl. Urteile des EGMR vom 15. Januar 2015 i.S. Veits gegen Estland, Nr. 12951/11, Ziff. 59; vom 10. April 2012 i.S. Silickiene gegen Litauen, Nr. 20496/02, Ziff. 5, 48 f.) [E. 6.7]