Verwertbarkeit von Privatgutachten

Das Bundesgericht hat sich in einem heute online gestellten Urteil (6S.511/2006 vom 09.02.2006) erneut mit der Frage der Verwertbarkeit von Privatgutachten auseinander gesetzt, die Frage letztlich aber offen gelassen. Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis die Praxis nach BGE 113 IV 1 geändert wird. Die Bedenken des Bundesgerichts im Zusammenhang mit Privatgutachten überzeugen:

Ein Parteigutachten besitzt nicht den gleichen Stellenwert wie ein Gutachten, das vom Gericht nach dem vorgegebenen Verfahrensrecht eingeholt wurde. Der Privatgutachter ist nicht unabhängig und unparteiisch wie der amtliche Sachverständige, sondern er ist Beauftragter des Angeschuldigten, mithin einer Partei. Die Ergebnisse von Privatgutachten, welche im Auftrag des Beschuldigten erstellt worden sind, gelten denn auch als Bestandteil der Parteivorbringen (…). Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass das Gericht in der Lage ist, entsprechend den Richtlinien zur Beweiswürdigung zu prüfen, ob das private Gutachten in rechtserheblichen Fragen überzeugt (vgl. BGE 125 V 351 E. 3c). Es besteht jedoch die Gefahr, dass der Richter ein qualitativ ungenügendes Gutachtennicht richtig würdigen kann, weil ihm das entsprechende Fachwissen fehlt. Privatgutachterliche Schlussfolgerungen, die dem Anliegen des Auftraggebenden angepasst sind, können vom Laien oft nur schwer auf ihre Zuverlässigkeit überprüft werden. Dies gilt namentlich, wenn sie auf einer unvollständigen Grundlage beruhen. Zu erkennen, welche Elemente für ein Gutachten, das den geltenden wissenschaftlichen Anforderungen genügt, im Einzelnen notwendig sind, erfordert in der Regel ein Fachwissen, das dem Richter eben gerade fehlt. Er ist auf ein Gutachten angewiesen, welches lege artis erstellt wurde, wenn er in der Lage sein soll, dessen Überzeugungskraft zu überprüfen. Das Bundesgericht hat deshalb in einem unveröffentlichen Entscheid festgehalten, dass ein Parteigutachten grundsätzlich bloss geeignet ist, die Erstellung eines (zusätzlichen) Gerichtsgutachtens zu rechtfertigen oder darzulegen, dass das Gerichtsgutachten nicht schlüssig oder mangelhaft ist. Das Abstellen auf ein Privatgutachten würde sich daher grundsätzlich als willkürlich erweisen (Urteil des Bundesgerichts 6P.158/1998 vom 11. Februar 1999, E. 3b, zitiert in: Felix Bommer, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch I,N 15 zu Art. 13 StGB) (E. 2.4.3).

Diese Ausführungen lassen sich jedenfalls teilweise auch auf andere Beweismittel übertragen, die ausserhalb eines Verfahrens erhoben wurden. Grundsätzlich sollte nur auf justizförmig und damit in nachvollziehbarer Weise erhobene Beweismittel abgestellt werden.