Verwertung nach BÜPF-Zufallsfund auch ohne Tatverdacht

In einem zur Publikation in der amtlichen Sammlung vorgesehenen Entscheid vom 2. Februar 2006 (BGE 6S.46/2005) hat sich das Bundesgericht zu Fragen der Befangenheit einer Gutachterin, der Verwertung von Zufallsfunden gemäss Art. 9 BÜPF, des Tatbestands der Erpressung (Art. 156 StGB) sowie zum Versuch (Art. 21 f. StGB) geäussert:

Zur Befangenheit:

Der Umstand, dass Dr. C. die Gutachterin in anderem Zusammenhang den Untersuchungsbehörden als Expertin vorgeschlagen hatte, lässt sie im vorliegenden Verfahren nicht als befangen erscheinen. Gleiches gilt für die Tatsache, dass die Gutachterin zur Wahl als ausserordentliche Bezirksadjunktin von einer Expertenkommission vorgeschlagen wurde, in der auch Dr. C. Einsitz nahm. Ferner mag zutreffen, dass im Rahmen ihrer Tätigkeit als Supervisorin ein (fachärztliches) Vertrauensverhältnis zu Dr. C. entstanden ist. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass über das Berufliche hinaus eine besondere persönliche Verbundenheit bestünde, welche die Gefahr der Beeinflussung zu begründen vermöchte. Die einzelnen Vorbringen erwecken weder für sich allein noch zusammen berechtigte Zweifel an der fachlichen Objektivität und Unvoreingenommenheit von Dr. B. (E. 4.2.2).

Zum Zufallsfund (Bestätigung der wohl herrschenden Lehre):

Zusammenfassend ergibt sich, dass die Verwertung von Zufallsfunden gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. b BÜPF nicht voraussetzt, dass bezüglich der neu entdeckten Straftaten bereits im Zeitpunkt der Überwachungsanordnung ein Tatverdacht bestanden hat (E. 6.5).

Zur Erpressung:

Auch bei einer impliziten Androhung muss zwar hinreichend klar sein, worin der in Aussicht gestellte Nachteil besteht. Wie die Vorinstanz aber zu Recht festhält, lassen sich die Äusserungen des Beschwerdeführers im Umfeld des Verbrechermilieus, vor dessen Hintergrund sich der konkrete Fall abspielt, nur dahin verstehen, dass er drohte, Gewalt anzuwenden, wenn sich der Geschädigte seinem Ansinnen weiterhin widersetzen sollte. […]. Die Ankündigung war somit genügend konkret und von einem Ausmass, das auch die Willensfreiheit einer vernünftigen Person in der Lage des Betroffenen eingeschränkt hätte. Dass die in Aussicht gestellte Gewalt einen ernstlichen Nachteil darstellt, kann nicht fraglich sein (E. 7.3).

Zum Versuch:

Bei richtiger Betrachtung liegt deshalb in unvollendeter Versuch vor (Art. 21 Abs. 1 StGB). Gleichwohl führt dies nicht zur Aufhebung des obergerichtlichen Urteils. Da hier weder ein Rücktritt noch tätige Reue zur Diskussion stehen, bleibt die Unterscheidung zwischen unvollendetem und vollendetem Versuch ohne praktische Bedeutung. In einem solchen Fall ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid nicht beschwert (BGE 127 IV 97 E. 1) (E. 7.4.2)

Erfreulich grosszügig zeigte sich das Bundesgericht bei der Bemessung des Honorars des unentgeltlichen Rechtsbeistands: CHF 4,000.00.