Vom Beweiswert von Einvernahmeprotokollen
Das Obergericht des Kantons Zürich hat Bundesrecht verletzt, indem es in einer “Aussage gegen Aussage”-Situation die beantragte gerichtliche Befragung der Belastungszeugin abgewiesen hat. Die belastende Aussage lag zudem bloss in der Form einer Videobefragung vor, welche die Staatsanwaltschaft im Vorverfahren durchgeführt hatte (BGer 6B_70/2015 vom 20.04.2016, Fünferbesetzung).
Der Entscheid liefert aber einen viel weitergehenden Erkenntnisgewinn. Das Bundesgericht hat sich nämlich auch in anderer Beziehung zum (reduzierten) Beweiswert der Einvernahme geäussert:
Die Beschwerdegegnerin 2 hat die Tatvorwürfe zu keinem Zeitpunkt frei und zusammenhängend geschildert bzw. schildern können. Sie antwortet (fast) ausschliesslich auf die Fragen der Staatsanwaltschaft und wurde regelmässig zwecks Protokollierung unterbrochen. Das in den Akten befindliche Einvernahmeprotokoll gibt auch nicht den Wortlaut ihrer Aussagen wieder, sondern deren diktierte Zusammenfassung durch die Staatsanwaltschaft (E. 1.4.2).
Ob sich das Bundesgericht darüber im Klaren ist, dass dies dann für praktisch alle Einvernahmeprotokolle gelten muss?