Vom Verschlechterungsverbot im Rückweisungsverfahren
Das Bundesgericht musste sich mit einer Strafsache befassen, die bereits Gegenstand von BGE 135 IV 87 war (s. dazu meinen früheren Beitrag). Diesmal ging es um u.a. um Fragen des Verschlechterungsverbots (reformatio in peius) im Rückweisungsverfahren (BGer 6B_723/2009 vom 23.11.2009).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind sowohl die Vorinstanz wie das Bundesgericht selber an den Rückweisungsentscheid gebunden, weshalb bereits entschiedene Fragen nicht mehr zu überprüfen sind, wenn dieselben Fragen erneut unterbreitet werden (BGE 135 III 334 E. 2.1). Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Rüge richtet sich zwar gegen die straferhöhende Berücksichtigung seiner Vorstrafen, beschlägt jedoch letztlich die Frage, ob das Bundesgericht befugt ist, die Vorinstanz im Rückweisungsentscheid anzuweisen, die von den Parteien nicht gerügte Vernachlässigung der straferhöhenden Wirkung der Vorstrafen des Beschwerdeführers neu zu berücksichtigen. Mit anderen Worten ist vorliegend zu entscheiden, ob das Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) eine nachträglich straferhöhende Wirkung der Vorstrafen als unzulässig erscheinen lässt.
Das Bundesgericht führte in seinem Rückweisungsentscheid aus, der in Frage stehende Strafzumessungsfehler führe für sich genommen nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, zumal es gemäss Art. 107 Abs. 1 BGG nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen dürfe (BGE 135 IV 87 E. 6). Das Bundesgericht stellte an gleicher Stelle ebenfalls klar, die Vorinstanz dürfe mit Blick auf das Verschlechterungsverbot insgesamt zwar eine tiefere, aber keine höhere als die bisher ausgesprochene 3 ½-jährige Freiheitsstrafe ausfällen. Eine Verletzung des Verschlechterungsverbots findet demnach nicht statt, wenn einzelne straferhöhende (neben strafmindernden) Faktoren neu berücksichtigt werden, die Strafsanktion insgesamt jedoch nicht erhöht wird. Die Rüge des Beschwerdeführers ist unbegründet (E. 3.2).
Dass das Verschlechterungsverbot einen schweren Stand hat, habe ich schon verschiedentlich kritisiert. Dieser neue Entscheid des Bundesgericht verbessert die Situation nicht, weil er allein auf das Ergebnis der Strafzumessung abstellt, ohne die einzelnen Strafzumessungsfaktoren (Faktoren?) zu berücksichtigen. Die Rechtsprechung nimmt damit in Kauf, dass eine Verschlechterung in Bezug auf einzelne Faktoren zulässig ist, solange nur das Ergebnis nicht schlechter ist.