Vom Wortlaut des Gesetzes

In einem heute online gestellten Entscheid (1P.614/2006 vom 11.10.2006) beschwerte sich ein einschlägig vorbestrafter „Hanfdelinquent“ gegen die Verlängerung der Untersuchungshaft wegen Fortsetzungsgefahr. Er glaubte, sich auf den Wortlaut des Gesetzes verlassen zu können:

Der besondere Haftgrund der Fortsetzungsgefahr ist erfüllt, wenn aufgrund konkreter Indizien ernsthaft zu befürchten ist, der Beschuldigte werde die Freiheit zur Fortsetzung der deliktischen Tätigkeit benützen, sofern diese „eine erhebliche Gefahr für Leib, Leben, Freiheit oder Eigentum anderer Personen“ darstellt (§ 77 Abs. 1 lit. c StPO/BL). (E. 3.1).

Nach einer Darstellung der theoretischen Grundlagen kommt das Bundesgericht dann zu folgendem Schluss:

Im Ergebnis spielt es keine wesentliche Rolle, ob die hier infrage stehenden Delikte Leib und Leben von Dritten gefährden. Somit ist es unbehelflich, wenn der Beschwerdeführer das geringe gesundheitliche Gefährdungspotential von Cannabis ins Feld führt. Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG ist nach der Entscheidung des Gesetzgebers bei gewerbsmässiger Verübung von Betäubungsmitteldelikten erfüllt; dabei handelt es sich um ein schwerwiegendes Delikt, das die Anordnung von Präventivhaft rechtfertigt. In einem solchen Fall ist ein hinreichendes öffentliches Interesse an der Präventivhaft gegeben (E. 4 .5).

Gerügt war nun aber nicht die Voraussetzung des „hinreichenden öffentlichen Interesses“, sondern die Voraussetzung der hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Der Entscheid hinterlässt den Eindruck, die (äusserst wacklige) gesetzliche Grundlage könne durch ein überwiegendes öffentliches Interesse ersetzt werden, was mit Art. 36 BV nicht vereinbar wäre. Aber was soll’s, es ging ja nur um acht Wochen Untersuchungshaft.