Von der antizipierter Beweiswürdigung zum Sachverhaltsirrtum

Das Bundesgericht hat die Beschwerde einer Frau gutgeheissen, die vom Sachrichter wegen eventualvorsätzlicher Widerhandlung gegen Art. 70 Abs. 1 Bst. a aRTVG i.V.m. Art. 55 Abs. 1 aRTGV zu einer Busse von CHF 500.00 verurteilt worden war, hat sich erfolgreich ans Bundesgericht gewendet (6B_201/2007 vom 24.08.2007). Ihr war vorgehalten worden, Radio- und Fernsehprogramme ohne Bewilligung empfangen zu haben. Sie machte demgegenüber geltend, Ihr Ehemann habe sie im Glauben gelassen, eine Konzession gelöst zu haben. 

Vor Bundesgericht machte die Beschwerdeführerin u.a. eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, weil der Ehemann trotz entsprechenden Beweisantrags nicht befragt worden war. Wie üblich griff das Bundesgericht auf des schweizerischen Richters Lieblingskind der antizipierten Beweiswürdigung zurück, um die Rüge abzuweisen:

Selbst wenn [der Ehemann] Y. der Beschwerdeführerin versichert hätte, die Konzession gelöst zu haben, würde dies nichts an ihrer Meldepflicht ändern. Durch die antizipierte Beweiswürdigung hat der Einzelrichter somit nicht den Anspruch der Beschwerdeführerin auf das rechtliche Gehör verletzt (E. 4.4.1).

Im Rahmen des ebenfalls geltend gemachten Sachverhaltsirrtums führte das Bundesgericht dann aber aus:

Falls die Beschwerdeführerin aufgrund einer Zusicherung ihres Ehemannes annahm, jener sei der Meldepflicht nachgekommen, irrte sie über den Sachverhalt. Demgemäss könnte sie sich tatsächlich auf einen Sachverhaltsirrtum berufen. Dabei würde ihre Unkenntnis auf einem Mangel an Sorgfalt beruhen. Vom Aussendienstmitarbeiter auf die fehlende Konzession aufmerksam gemacht, hätte sie nicht leichthin ihrem Ehemann vertrauen dürfen. Sie hätte sich direkt bei der Billag AG erkundigen können, ob dieser tatsächlich die Meldepflicht erfüllt habe. Bei pflichtgemässer Vorsicht hätte sie den Irrtum vermeiden können, so dass die Bestrafung wegen fahrlässiger Tatbegehung zu prüfen wäre (Art. 19 Abs. 2 aStGB) (E. 6.5).

Das Bundesgericht kommt zum Schluss, die Sachverhaltsfeststellungen liessen eine abschliessende Beurteilung nicht zu und weist zurück an den Einzelrichter. Dieser wird freilich nicht den Ehemann befragen (darauf hat er ja gemäss Bundesgericht verzichten dürfen), sondern feststellen, ob die Beschwerdeführerin tatsächlich annahm, die Gebühr sei bezahlt. Davon wird er mangels gegenteiliger Beweise wohl einfach ausgehen müssen und wegen Fahrlässigkeit bestrafen.

Ich bin hier allerdings nicht sicher, ob ich das Bundesgericht richtig verstehe. Wenn ja, wäre es nicht relevant, was der Ehemann seiner Ehefrau gesagt hat. Relevant wäre aber, was die Ehefrau aufgrund der unerheblichen Aussagen ihres Ehemanns geglaubt hat?