Von mutmasslichen Gefährdern und Gefährderinnen

Das Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS, SR 120) müsste nach Vorlage des bundesrätlichen Revisionsentwurfs korrekterweise umbenannt werden in

Bundesgesetz über Massnahmen gegen mutmassliche Gefährder oder mutmassliche Gefährderinnen der inneren und äusseren Sicherheit und überhaupt

Die Leserin wird sich fragen, was denn ein mutmasslicher Gefährder oder eben eine mutmassliche Gefährderin sei (die weibliche Form wird im Entwurf fast konsequent durchgezogen). Nun, es scheint so etwas wie der amerikanische „enemy combattant“ zu sein. Der Entwurf des Bundesrats definiert ihn in Art. 18b wie folgt:

Eine bestimmte Person, Organisation oder Gruppierung [, die] verdächtigt wird, die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz konkret zu gefährden.

U.a. gegen solche mutmasslichen Gefährder bzw. Gefährderinnen dürfen besondere Mittel der Informationsbeschaffung eingesetzt werden. Besondere Mittel der Informationsbeschaffung sind nach Art. 18a Abs. 2 des Entwurfs:

  1. das Überwachen des Post- und Fernmeldeverkehrs (Art. 18k);
  2. das Beobachten an nicht allgemein zugänglichen Orten, auch mittels technischem Überwachungsgerät (Art. 18l);
  3. das geheime Durchsuchen eines Datenbearbeitungssystems (Art. 18m).

Die eigentliche „Qualität“ des Entwurfs liegt darin, dass diese Zwangsmassnahmen gegen Personen vorgesehen sind, die sich einer Straftat nicht einmal verdächtig gemacht haben. Gegen Verdächtige ist bekanntlich ein Strafverfahren zu eröffnen und strafbar sind im Bereich der inneren Sicherheit regelmässig bereits die Vorbereitungshandlungen (s. etwa Art. 260bis, 260ter, 260quater, 260quinquies StGB). Nach geltendem Bundesrecht sind solche Zwangsmassnahmen mit Ausnahme der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs selbst gegen Personen unzulässig, gegen die ein dringender Verdacht besteht, sie hätten etwa einen Terroranschlag bereits verübt.

Mein Tipp: Provozieren Sie, dass so schnell wie möglich ein Strafverfahren gegen Sie eröffnet wird, und zwar auch und insbesondere dann, wenn Sie nicht im Traum daran denken, etwas Strafbares zu tun. Nur so können Sie verhindern, als mutmassliche Gefährderin qualifiziert und dem grossen Lauschangriff ausgesetzt zu werden.