Von nicht gebotenem Verteidigungsaufwand und unerheblichen Gesetzen

Ein mittels Strafbefehl gebüsster Mann (angebliche Tätlichkeit gegenüber seiner Partnerin) wurde vom Gerichtspräsidenten rechtskräftig freigesprochen, verweigerte ihm aber eine Entschädigung für die Anwaltskosten, weil der Beizug eines Anwalts sachlich nicht geboten war. Dieser Entscheid wurde von den Rechtsmittelinstanzen geschützt (BGer 6B_629/2012 vom 03.12.2012). Es gereicht ihm zum Nachteil, dass er sich gut ausdrücken konnte:

Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei nicht Jurist, sondern habe die Handelsmittelschule absolviert. Er anerkennt indessen, dass es “keine schwierige Angelegenheit” gewesen sei, “die Wahrheit ohne Rechtsbeistand zu erzählen” (Beschwerde S. 3). Dass er sich überdurchschnittlich gewandt ausdrücken und verteidigen kann, ergibt sich auch aus seiner Eingabe ans Bundesgericht. Rechtlich bot der Fall keine Probleme. Die Einschätzung der Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer seine Rechte auch ohne Anwalt hätte wahren können, ist nicht zu beanstanden (E 2.2).

Ich bin mit einem zugegebenermassen eher formalistischen Argument anderer Meinung. Immerhin war die Staatsanwaltschaft der Auffassung, der Vorwurf sei “ausreichend geklärt”, um den Beschuldigten verurteilen zu müssen (vgl. dazu die Voraussetzungen für den Erlass eines Strafbefehls in Art. 352 Abs. 1 StPO). Man konnte die Beweislage also offenbar auch anders beurteilen als es die Gerichte taten. Man kann im Nachhinein immer sagen, die (hochspezialisierte) Staatsanwaltschaft könne auch von einem juristischen Laien widerlegt werden, wozu es keinen anwaltlichen Beistand brauche, zumal der Richter ja das Recht von Amts wegen anwendet. Aber solche ex post-Überlegungen sind m.E. verfehlt.

Entscheidend ist aber etwas ganz anderes. Art. 429 StPO definiert den Entschädigungsanspruch. Den kann man mit guten Gründen so oder anders auslegen. Das Bundesgericht schafft es aber einmal mehr, den Entschädigungsanspruch zu verneinen, ohne die Anspruchsgrundlage auch nur zu erwähnen.