Von schlafendem Richter verwahrt?
Ein Beschwerdeführer wehrt sich erfolgreich gegen die nachträgliche Anordnung der Verwahrung (BGer 6B_487/2011 vom 30.01.2012. Keinen Erfolg hatte er mit der Rüge, nicht durch ein ordentlich besetztes Gericht im Sinne von Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK angehört worden zu sein, weil ein Richter während des Plädoyers für einige Sekunden eingeschlafen sei. Woran das gelegen haben mag, diskutiert das Bundesgericht zum Glück nicht:
Ein Sekundenschlaf – so wie vom Beschwerdeführer geschildert – beeinträchtigt die Fähigkeit nicht, einer Verhandlung in ihrer Gänze bewusst und aufmerksam zu folgen bzw. deren wesentlichen Teil aufzunehmen. Das gilt umso mehr, als den teilnehmenden Richtern die Stellungnahme des Anwalts des Beschwerdeführers zum Antrag auf nachträgliche Anordnung der Verwahrung in schriftlicher Form vorlag. Spekulativ ist das weitere Vorbringen in der Beschwerde, die fragliche Richterperson sei während der Verhandlung möglicherweise mehrmals in einen Sekundenschlaf gefallen. Darauf ist nicht einzugehen (E. 1.3).
Der Entscheid der Vorinstanz wurde aufgehoben, weil die Vorinstanz einer therapeutischen Behandlung zu Unrecht keine Erfolgschancen einräumte. Das war insbesondere deshalb unzulässig, weil der Beschwerdeführer noch nie einer “rechtsgenüglichen therapeutischen Behandlung zugeführt” wurde:
Zwar ist ein vorausgegangener Behandlungsversuch keine gesetzliche Voraussetzung für eine Verwahrung. Ob ein Straftäter behandelbar ist oder nicht, lässt sich aber unter Umständen zuverlässig erst entscheiden, wenn ein entsprechender Versuch mit adäquaten Mitteln unternommen wurde und gescheitert ist (vgl. GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, Strafen und Massnahmen, 2. Aufl., Bern 2006, § 8 Rz. 8; HEER, Basler Kommentar I, 2. Aufl., Basel 2007, Art. 64 Rz. 106 ff. mit weiteren Hinweisen; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 6S.386/2000 vom 1. September 2000 E. 3d). Davon ist hier mit Blick auf die Ausführungen der Sachverständigen auszugehen (E. 3.7.5).
Das hätte der schläfrige Richter möglicherweise auch in wachem Zustand übersehen. Zudem wird der Beschwerdeführer ja nun im Rückweisungsverfahren in die kleine Verwahrung geschickt, was so viel besser auch nicht ist.
Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf… 😉
Auch wenn nun wohl die stationäre therapeutische Massnahme angeordnet wird, resultiert für den Beschwerdeführer eine Dauer des Freiheitsentzugs, die weit über die ursprünglich angeordneten 8 Jahre hinausgehen wird.
Man fragt sich, ob der sorgfältige Rechtsanwalt zur Verhinderung derartiger Eskalationen nicht seinem Klienten in kritischen Fällen von jeglichem Antrag auf Vollzugslockerungen abraten sollte, um nicht die Fachkommission der schlafenden Verwahrer zu wecken…