Von teilungültigen Strafbefehlen
Das Bundesgericht weist das Obergericht AG bzw. die Mehrheit seines Spruchkörpers darauf hin, dass Assistenz-Staatsanwälte nach aargauischem Recht nicht kompetent sind, Strafbefehle zu erlassen (BGer 6B_1304/2018 vom 05.02.2019).
Daran ändert auch nichts, dass ein Staatsanwalt nach einer Einsprache die Überweisungsverfügung unterzeichnet:
Zuständig ist eine Behörde, wenn sie im konkreten Fall berechtigt und verpflichtet ist, sich mit der in Frage stehenden Strafsache zu befassen. Zuständigkeitsvorschriften haben insbesondere den in ein Strafverfahren verwickelten Bürger vor Übergriffen unzuständiger Behörden zu bewahren. Die Regeln über die Zuständigkeit sind daher zwingender Natur. Vor Eintreten auf eine Strafsache hat die angesprochene Behörde ihre Zuständigkeit von Amtes wegen zu prüfen (…). Es ist belanglos, dass ein Staatsanwalt die Überweisungsverfügung zum ungültigen Strafbefehl unterzeichnete. Er hat damit lediglich seine Kontrollfunktion nicht wahrgenommen. Entgegen der vorinstanzlichen Mehrheitsmeinung ist es auch keineswegs entscheidwesentlich, dass in BGE 142 IV 70 keine Überweisungsverfügung in den Akten gelegen haben soll (oben E. 1.2; was der Beschwerdeführer mit einem zulässigen Novum [Art. 99 BGG] bestreitet). Bei Verfahrenshandlungen nicht zuständiger Behörden stellt sich unmittelbar die Frage einer Nichtigkeit. Angesichts des Grundsatzes der Gültigkeit von Verfahrenshandlungen (SCHMID/JOSITSCH, a.a.O., Rz. 1440) gelten nur krass fehlerhafte Verfahrenshandlungen als nichtig. Nichtigkeit nach der Evidenztheorie (vgl. Urteil 6S.4/2006 vom 26. Juni 2006 E. 3) wird in der zu beurteilenden Konstellation nicht anzunehmen sein (vgl. BGE 129 I 361 E. 2.1 S. 363 f.; Urteil 6B_120/2018 vom 31. Juli 2018 E. 2.2). Das Gesetz sieht Ungültigkeit vor (Art. 356 Abs. 2 StPO) [E. 1.6].
Zumindest unglücklich ist dann aber die Folge der Ungültigkeit, die dazu führen soll, dass der Strafbefehl in Bezug auf eine Übertretung in Rechtskraft erwachsen sei, weil dafür Assistenzstaatsanwälte zuständig seien:
1.7.1. Der Beschwerdeführer begründet sein Eventualbegehren auf Freispruch von der Anklage des Verwendens eines Telefons ohne Freisprechanlage während der Fahrt nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG), sodass darauf materiell nicht einzutreten ist. Vor der Vorinstanz anerkannte er diesen Vorwurf (Urteil S. 10). Es handelt sich dabei um einen Übertretungstatbestand (Art. 90 Abs. 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV sowie Ziff. 311 Anhang OBV), zu dessen Verfolgung die Assistenzstaatsanwältin zuständig war.
1.7.2. Der Strafbefehl erweist sich als teilungültig. Die Annahme einer solchen Teilungültigkeit kommt in Betracht, wenn mehrere Lebensvorgänge oder Taten im prozessualen Sinn zu beurteilen sind, die einer separaten Erledigung zugänglich sind (vgl. zur Publikation bestimmtes Urteil 6B_1346/2017 vom 20. September 2018 E. 1.3.1). Das trifft hier zu (zur Teilrechtskraft bei partieller Einsprache Urteil 6B_225/2017 vom 11. Dezember 2017 E. 1.2.1). Die Teilungültigkeit beschlägt den angeklagten Vergehenstatbestand. Auf das Eventualbegehren zum Schuldspruch wegen Fahrens ohne Berechtigung im Sinne von Art. 95 Abs. 1 lit. a SVG ist materiell ebenfalls nicht einzutreten (Hervorhebungen durch mich).
Im Kanton Aargau ist es im Bereich SVG zudem üblich, dass Mitteilungen der Polizei grundsätzlich mittels A-Post an den Empfänger gesendet werden. Das gilt auch für Vorladungen zu Einvernahmen, bei denen dann der Empfänger den Empfang zudem telefonisch bestätigen soll.
Offenbar hat es im Kanton AG besonders renitente Behörden, denen nur ein ausserkantonales Gericht die Gesetze erklären kann.