Voraussetzung der Präventivhaft
In einem neuen Entscheid hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung zur Präventivhaft zusammengefasst (1B_143/2007 vom 27.07.2007). Dass die EMRK die Haftgründe der Fortsetzungs- und der Ausführungsgefahr zulässt, braucht nicht weiter begründet zu werden. Strittig ist in der Regel die Frage der Verhältnismässigkeit. Dazu das Bundesgericht:
Die Aufrechterhaltung von strafprozessualer Präventivhaft ist verhältnismässig, wenn einerseits die Rückfallprognose sehr ungünstig und anderseits die zu befürchtenden Delikte von schwerer Natur sind (BGE 123 I 268 E. 2e S. 271 ff.). Die rein hypothetische Möglichkeit der Verübung weiterer Delikte sowie die Wahrscheinlichkeit, dass nur geringfügige Straftaten verübt werden, reichen dagegen nicht aus, um den Freiheitsentzug zu begründen (E. 2.3).
Damit ist für die Praxis allerdings wenig gewonnen. Eine “sehr ungünstige Rückfallprognose” ist leicht gestellt (s. unten) und heute gilt praktisch jedes Delikt als Delikt schwerer Natur. Dies gilt erst recht, wenn man sich die selbst auferlegte Zurückhaltung des Bundesgerichts bei der Prüfung der entscheidenden Fragen vergegenwärtigt:
Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen des kantonalen Haftrichters willkürlich sind (vgl. BGE 132 I 21 E. 3.2.3 S. 24 mit Hinweisen) (E. 2.4).
Die sehr ungünstige Rückfallprognose wird in der Regel auf psychiatrische Gutachten gestützt, deren Ergebnisse aber immer bereits feststehen (ich kenne keine Ausnahme). Dass die Ausarbeitung dieser im Ergebnis ohnehin bereits feststehenden Gutachten immer wieder sehr viel Zeit beansprucht und dass die Gutachten beim Entscheid des Haftrichters oft noch gar nicht vorliegen, spielt letztlich auch keine Rolle.
Im hier beurteilten Fall war der Beschwerdeführer bereits vier Monate in Untersuchungshaft. Dem Bundesgericht reichte es, dass der Gutachterauftrag bereits erteilt worden und dass auf die Dringlichkeit aufmerksam gemacht worden war:
Zur hängigen psychiatrische Begutachtung hat der kantonale Haftrichter im angefochtenen Entscheid vom 3. Juli 2007 erwogen, die Expertenmeinung zur Frage der Ausführungsgefahr sei von der Staatsanwaltschaft “umgehend” einzuholen. Am 9. Juli 2007 erfolgte der betreffende Gutachtensauftrag. Der Haftrichter hat ausserdem erwogen, dass es stossend wäre, wenn der Angeschuldigte monatelang in Untersuchungshaft auf den Beginn der Begutachtung warten müsste. Die Untersuchungsbehörde habe daher beim Experten nötigenfalls darauf hinzuwirken, dass “bereits in einigen Wochen” ein Kurzgutachten oder ein Zwischenbericht zur Frage der Ausführungsgefahr eingeht (angefochtener Entscheid, S. 4 E. 3). Gemäss ihrer Vernehmlassung hat die Staatsanwaltschaft den Gutachter in diesem Sinne explizit aufgefordert, ihr “einen Vorbericht zukommen zu lassen, falls sich vorzeitig ergeben sollte, dass keine Ausführungsgefahr besteht”. Dieses prozessuale Vorgehen zur Nachachtung des Beschleunigungsgebotes in Haftsachen hält im vorliegenden Fall vor der Verfassung stand (E. 4).