Vorbefasste Staatsanwälte des Bundes
Das Bundesstrafgericht ordnet den Ausstand zweier leitender Staatsanwälte des Bundes an (BStGEr BB.2011.135 und BB.2011.136 vom 14.02.2012), die sich eben noch mit einem spektakulären Strafbefehl im Unternehmensstrafrecht in Szene gesetzt (s. dazu meine früheren Beiträge hier und hier), dabei aber offenbar elementare Grundsätze übersehen hatten. Sie haben nämlich die im Strafbefehl genannten natürlichen Personen nur teilweise anonymisiert. Nicht anonymisiert haben sie ausgerechnet die Namen von Personen, gegen die sie getrennt ermittelt. Im publizierten Strafbefehl werden unter der Überschrift „Bestechungszahlungen in Land Z.“ A. und B. mehrfach namentlich erwähnt und als Personen bezeichnet, welche Kadermitglieder einer Kundin von E. gewesen seien und über verschiedene zwischengeschaltete Gesellschaften Bestechungsgelder auf Konten in der Schweiz ausbezahlt erhalten hätten.
Die Ausführungen des Bundesstrafgerichts überzeugen:
Mit dieser Detaillierung der Anlasstat im Strafbefehl wurde den Ansprüchen an die Spezifizierung der Anlasstat sicher Genüge getan, es fragt sich aber, ob die persönliche Namensnennung auf Seiten der fremden Amtsträger notwendig war, wenn diese doch auf Seiten E. als verzichtbar betrachtet wurde. Jedenfalls lässt sich die ungleiche Behandlung der Beteiligten objektiv als Einseitigkeit deuten. Ausserdem ist es sicher schwieriger, eine Beschuldigung gegen einen namentlich Genannten zurückzunehmen, als wenn kein solcher Name erwähnt wird. Im vorliegenden Falle kommt dazu, dass die Bundesanwaltschaft den Strafbefehl im vollen Umfang, also mit den Namen der fremden Amtsträger und der detaillierten Beschreibung der angeblichen Bestechung, im Internet publiziert hat. Eine solche Publikation, welche eine sofortige weltweite Wirkung hat, erweckt nicht nur den Eindruck, eine Verurteilung der fremden Amtträger sei, wenn sie nicht schon erfolgt sei, eine reine Formalität, sondern sie lässt auch darauf schliessen, dass sich die publizierende Bundesanwaltschaft bezüglich der Strafbarkeit der fremden Amtsträger festgelegt hat. Auch verunmöglicht eine solche Publikation es dem verfahrensleitenden Staatsanwalt durch den damit geschaffenen Öffentlichkeitsdruck faktisch, im Strafverfahren gegen die fremden Amtsträger zu einem anderen Schluss zu kommen, ganz abgesehen vom ebenfalls vorbefassungsträchtigen Umstand, dass eine solche Meinungsänderung den eigenen Strafbefehl der Revision zugänglich machen würde. Daran ändert auch die Berufung der Gesuchsgegner auf das Öffentlichkeitsprinzip nichts, geht es doch vorliegend nicht um die Verfahrensparteien im Organisationshaftungsverfahren, sondern um die im Organisationshaftungsentscheid genannten Dritten.