Vorbefasster Gutachter?

Eine weitere Befangenheitsrüge gegen ein Gutachten (vgl. meinen letzten Beitrag) hat das Bundesgericht im Entscheid 1B_22/2007 vom 29.05.2007 zu prüfen.

Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass das Bundesgericht auch unter dem Regime des BGG auf Beschwerden gegen selbständig eröffnete Zwischenentscheide über die Ablehnung eines Gerichtsexperten eintritt (E. 2.2).

In der Sache wies es die Beschwerde ab:

Was die hier streitige Frage der Parteilichkeit bzw. Vorbefasstheit des psychiatrischen Gutachters betrifft, so geht aus den Untersuchungsakten, insbesondere dem ausführlichen Bericht der UPK vom 18. Dezember 2006, nicht hervor, dass der ernannte Experte mit der medizinisch-psychiatrischen Behandlung des Beschwerdeführers betraut gewesen wäre. Ebenso wenig hat der Experte früher bereits ein Gutachten über den Beschwerdeführer erstellt. Ein Ausstandsgrund (im Sinne von § 59 Abs. 3 StPO/BL) ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich (E. 3.5).

Der Beschwerdeführer sah einen Befangenheitsgrund auch darin, dass er früher bereits vom Vorgesetzten des Gutachters begutachtet worden war. Auch damit drang er aber nicht durch:

Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichtes ist der ernannte Gerichtsexperte für sein Gutachten persönlich verantwortlich (BGE 127 I 54 E. 2e S. 57 f.). Nach der älteren Begutachtungspraxis der UPK hatte der Leiter der forensischen Abteilung jeweils Gutachtensaufträge an spezialisierte Ärzte der UPK substituiert. Die Gutachten waren damals noch unter der Aufsicht des Institutsleiters erstellt und von diesem mitunterzeichnet worden. In seinem Urteil 6P.40/2001 vom 14. September 2001 erachtete das Bundesgericht dieses Vorgehen zwar grundsätzlich als verfassungskonform. Es präzisierte jedoch, dass Gerichtsexperten zur persönlichen Erstellung und Erstattung des Gutachtens verpflichtet sind. Dies ist auch zu beachten, wenn dem Leiter eines wissenschaftlichen Institutes der förmliche Auftrag erteilt wird. Im Übrigen wurde im genannten Urteil ausdrücklich erwogen, dass es zulässig ist, psychiatrische Gutachten auf verschiedene spezialisierte und eigenverantwortlich arbeitende Experten des gleichen forensisch-medizinischen Institutes zu verteilen. Der angefochtene Entscheid steht auch mit dieser Rechtsprechung in Einklang (E. 3.5).

Dem Laien dürfte diese Praxis nicht einleuchten. Er wird davon ausgehen, dass das Gutachten des Angestellten kaum anders ausfallen wird, als dasjenige, das der Vorgesetzte früher erstellt hatte. Aber für den Laien sind diese Entscheide ja auch nicht gedacht.