Vorwerfbares Verhalten des VR-Mitglieds
Ein Strafverfahren gegen ein Mitglied des Verwaltungsrats einer Gesellschaft, die unlautere Telefonverkäufe tätigte wurde eingestellt, ohne ihm eine Entschädigung auszurichten. Eine der Figuren, die dies ermöglichen, ist das zivilrechtlich vorwerfbare Verhalten. Das Bundesgericht stützt den Entscheid der Vorinstanz (BGer 1B_41/2011 vom 24.03.2011). Es wirft dem VR-Mitglied eine Verletzung der Aufsichtspflichten vor (E. 2.2.2).
Die Vorinstanz hatte wie folgt argumentiert:
Angesichts dessen, dass die Angestellten der beiden Gesellschaften die Kunden systematisch durch absichtliche Täuschung zum Abschluss eines Insertionsvertrages verleitet hätten, habe der Beschwerdeführer seine Aufsichtspflicht nicht wahrgenommen. Aufgrund der krassen Verletzung dieser Pflicht sei es ihm letztlich anzurechnen, dass die beiden Gesellschaften ihre Kunden systematisch durch absichtliche Täuschung zum Abschluss eines Insertionsvertrages verleitet hätten. Angesichts dessen habe er die Einleitung der Strafuntersuchung durch sein zivilrechtlich vorwerfbares Verhalten klar veranlasst.
Wenn dem VR das Verhalten der angestellten anzurechnen ist, verstehe ich nicht genau, wieso das Verfahren eingestellt wurde. Mögliche Erklärung: zivilrechtlich anrechenbar ist offenbar nicht auch strafrechtlich zurechenbar. Das Bundesgericht stimmt der Vorinstanz jedenfalls im Ergebnis zu:
Der Beschwerdeführer kann sich somit nicht damit entlasten, er habe sich nicht um die Geschäftsführung gekümmert und damit nichts zu tun gehabt. Zwecks Wahrnehmung der Oberaufsicht hätte er sich für die Geschäftsführung interessieren und sich darüber informieren müssen. Hätte er dies getan, hätte ihn nicht entgehen können, dass die Telefonverkäufer die Anzeigeerstatter nicht nur in wenigen Einzelfällen, sondern – wie die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich feststellt (Art. 105 Abs. 1 BGG) – systematisch durch täuschendes Verhalten zum Abschluss von Insertionsverträgen verleiteten. Angesichts dessen ist es nicht offensichtlich unhaltbar und damit nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz angenommen hat, der Beschwerdeführer habe die gegen ihn geführte Strafuntersuchung durch ein zivilrechtlich klar vorwerfbares Verhalten veranlasst. Die Verweigerung einer Entschädigung ist daher nicht zu beanstanden (E. 2.3.2).
Das begründet m.E. noch lange nicht, dass die Pflichtverletzungen die Untersuchung “veranlasst” hätte. Die Untersuchung veranlasst haben die illegalen Praktiken der Angestellten und nicht die Sorgfaltswidrigkeiten des Verwaltungsrats. Ich bin der Meinung, dass hier die Unschuldsvermutung verletzt wurde. Das Bundesgericht kann aber seine beschränkte Kognition beanspruchen:
Wird eine Kostenauflage wegen Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung angefochten, so prüft das Bundesgericht frei, ob der Text des Kostenentscheids direkt oder indirekt den Vorwurf einer strafrechtlichen Schuld enthält. Nur auf Willkür hin untersucht es dagegen, ob der Angeschuldigte in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise gegen eine geschriebene oder ungeschriebene Verhaltensnorm klar verstossen und durch dieses Benehmen das Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchführung erschwert hat (E. 2.1.2).