Wann braucht es ein Gutachten?

Wie hier angekündigt versuche ich, das zur Publikation in der amtlichen Sammlung vorgesehene Urteil 6S.79/2006 vom 30.05.2007 kurz zusammenzufassen.

Mit Nichtigkeitsbeschwerde rügte der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 13 Abs. 1 aStGB. da die Vorinstanz, obwohl sie aufgrund der Umstände an seiner Zurechnungsfähigkeit hätte zweifeln müssen, auf die Anordnung eines psychiatrischen Gutachtens verzichtet habe. Obwohl beim Beschwerdeführer eine posttraumatische Belastungs- bzw. Anpassungsstörung diagnostiziert wurde und ihm eine volle IV-Rente zugesprochen wurde, schützte das Bundesgericht die Vorinstanz:

Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, begründet die diagnostizierte posttraumatische Belastungs- bzw. Anpassungsstörung keine ernsthaften Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers. Ein Widerspruch zwischen seinen Taten, welche alle in Zusammenhang mit dem von ihm betriebenen Trödelladen stehen, und seiner Persönlichkeit besteht nicht. Der Beschwerdeführer hat den Laden, wenn auch mit Hilfe seiner Angehörigen, zielgerichtet und profitorientiert geführt. Des Weiteren hat er sich trotz seiner angeblichen Vergesslichkeit noch Monate nach der Abwicklung gewisser Geschäfte an deren Einzelheiten erinnern können. Sein Verhalten vor, während und nach den Taten, die er im Übrigen keineswegs im Affekt begangen hat, zeigt seinen Realitätsbezug, wirkt überlegt und macht deutlich, dass er sehr wohl die Fähigkeit besitzt, sich an Situationen anzupassen und auf die richtigen Gelegenheiten zur Tatausführung zu warten. Die Vorinstanz hat mit anderen Worten zu Recht geschlossen, dass weder die Taten als solche noch die Art und Weise der Ausführung Auffälligkeiten aufwiesen. Es fehlen somit konkrete Anhaltspunkte für eine Herabsetzung der Einsichts- oder der Steuerungsfähigkeit des Beschwerdeführers (E. 3.6, Hervorhebung durch mich).

Zu den Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen hielt das Bundesgericht fest, diese

gehen nur relativ selten mit Straftaten einher (Norbert Nedopil, Forensische Psychiatrie, Stuttgart 2000, S. 142). Dass sie zur Aufhebung der Einsichtsfähigkeit führen, ist kaum denkbar; in seltenen Fällen sind sie unter Umständen jedoch derart ausgeprägt, dass die Steuerungsfähigkeit aufgehoben sein kann (Nedopil, a.a.O., S. 144).

Abzustellen ist jedenfalls auf konkrete Anhaltspunkte für eine Herabsetzung der Einsichts- oder der Steuerungsfähigkeit .