Wann ist eine Gefährdung des Lebens skrupellos?

Das Bundesgericht äussert sich in Fünferbesetzung zum Begriff der Skrupellosigkeit i.S.v. Art. 129 StGB und kommt zu folgender Erwägung (BGer 1258/2020 vom 12.11.2021). Skrupellos ist danach, was ethisch nicht zu rechtfertigen ist:

Daran ändert nichts, dass dem Beschwerdeführer mit dem psychiatrischen Gutachten vom 25. März 2019 eine “ernstzunehmende Persönlichkeitsproblematik” (bei voll erhaltener Einsichts- und voll erhaltener Steuerungsfähigkeit) attestiert worden ist (…). Die Beurteilung der Skrupellosigkeit erfolgt nach ethischen Gesichtspunkten. Leidet der Täter an einer Persönlichkeitsstörung, aufgrund welcher sein Verhalten aus medizinischer, nicht jedoch aus ethischer Sicht nachvollziehbar ist, handelt er dennoch skrupellos. Die verminderte Schuldfähigkeit ist im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen (BGE 136 IV 55 E. 5.5 und 5.6 S. 59 ff.). Der Täter kann nach der Rechtsprechung auch aus Wut und unter Alkoholeinfluss oder in einem entschuldbaren Notwehrexzess skrupellos handeln (Urteile 6B_694/2007 vom 14. April 2008 E. 2.6; 6S.16/2004 vom 13. Februar 2004 E. 2.4.2; 6S.192/2004 vom 26. August 2004 E. 2.4). Der Beschwerdeführer hat die Privatklägerin im Rahmen eines Beziehungsstreits mit dem Ziel gewürgt, seiner Forderung nach der Bekanntgabe eines Namens Nachdruck zu verschaffen. Die von ihm herbeigeführte Gefahr war gross; seine Beweggründe können unter keinem Titel gebilligt oder auch nur nachvollzogen werden. Damit ist sein Verhalten trotz einer ernstzunehmenden Persönlichkeitsproblematik klar als unverhältnismässig zu qualifizieren und unter ethischen Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen. Dass die Vorinstanz das Merkmal der Skrupellosigkeit bejaht hat, ist daher nicht zu beanstanden (E. 2.4). 

Ob ethische Massstäbe hier zielführend sein können, wage ich erst einmal zu bezweifeln, müsste das aber vor einer abschliessenden Einordnung nochmals durchdenken.