Was Du gemacht hast, ist nicht gut gewesen
Das soll die Ehefrau ihrem Mann gesagt haben, der von zwei jungen Männern brutal zusammengeschlagen wurde (Orbitabodenfraktur mit Involvierung des Foramen infraorbitale, mediale Orbitawandfraktur und eine Rissquetschwunde supraorbital und infraorbital). Angesprochen hat die gute Frau die Tatsache, dass ihr Mann die beiden Täter mit einer obszönen Geste (Stinkefinger) provoziert hatte. Das Bundesgericht hatte nun zu entscheiden, ob die durch den Unfallversicherer verfügte Leistungskürzung (50%) rechtens war, was die Vorinstanz mangels adäquaten Kausalzusammenhangs verneint hatte. Das Bundesgericht ist anderer Meinung (BGer 8C_932/2012 vom 22.03.2013), gemäss fel. einstimmig ergangen):
Es trifft zwar, dass der Beschwerdegegner von den beiden jungen Tätern (Jahrgänge 1990 und 1991) provoziert wurde, was aber unerheblich ist (E. 2.2. hievor). Entscheidend ist, dass er darauf in einer Art und Weise mit einer Gegenprovokation reagiert hat, die das folgende Unheil geradezu heraufbeschwor. Die Annahme der Vorinstanz, die Adäquanz sei zu verneinen, ist weltfremd. Die beiden jungen Erwachsenen hatten es geradezu auf Streit abgesehen, was dem Beschwerdegegner und seiner schwangeren Ehefrau nicht entgangen ist. Ihnen in einer solchen Situation mit einer obszönen Geste zu entgegnen, war nach der allgemeinen Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge geeignet, einen Unfall von der Art des eingetretenen herbeizuführen. Denn in der heutigen Zeit ist bei solchen Vorkommnissen mit einer derartigen Eskalation zu rechnen. Die Ehefrau des Beschwerdegegners hat denn auch unmittelbar nach seiner unüberlegten Reaktion zu ihm gesagt, es sei nicht gut gewesen, was er gemacht habe (E. 4).
Also wenn das sogar die Ehefrau erkennt … Wie hätte hier wohl ein Strafrechtler entschieden?
Ich finde diese rein formalistische Begründung erschreckend. Wenn man heutzutage mit einer solchen Eskalation rechnen muss, so heisst das nämlich indirekt auch, dass der Staat regelmässig nicht mehr in der Lage ist, das Gewaltmonopol zu schützen.
Dass in einem solchen Fall der von brutalster Gewalt der Betroffene 50% übernehmen soll wie es bei grober Fahrlässigkeit üblich ist, kann nicht mehr als verhältnismässig angesehen werden.
Dass das Bundesgericht die Worte der sicherlich juristisch unbedarften Ehefrau in dieser Weise zur stützung des eigenen Urteils zitiert zeugt imho von äusserst beschämenden Zuständen!!!
Ein Stinkefinger führt gem. BGER somit mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu solchen körperlichen Verletzungen. Diese Sichtweise ist traurig und weltfremd.