Was kostet eigentlich eine Strafuntersuchung?
Ich weiss, diese Frage stellt man als Strafverteidiger, der in jedem Gerichtsverfahren sein Honorar und seine Auslagen beziffern und rechtfertigen muss, nicht. Umso begrüssenswerter ist es, wenn sich wenigstens die Politik ab und zu danach erkundigt. So geschehen im Kanton Zürich, wo der Regierungsrat zu den Kosten des SAirGroup-Strafprozesses Auskünfte erteilen musste. Von den rund CHF 10 Mio. entfielen auf die internen Personalkosten CHF 5.3 Mio:
- Staatsanwälte: CHF 2 Mio. (12,000 Stunden zu CHF 167.00)
- juristisches Sekretariat: CHF 1.4 Mio. (12,000 Stunden zu CHF 117.00)
- Verwaltungsangestellte: CHF 1,6 Mio. (16,000 Stunden zu CHF 100.00)
- Leitender Staatsanwalt und leitender Oberstaatsanwalt: CHF 0.3 Mio. (1,600 Stunden zu CHF 188).
Das sind stolze Zahlen. Einem Offizialverteidiger zahlt der Staat demnach etwa den gleichen Stundenansatz wie einem Swissair-Staatsanwalt. Der Offizialverteidiger hat davon allerdings seine ganze Infrastruktur samt Personalkosten zu zahlen. Viel wichtiger als der Stundenansatz ist aber, dass dem Offizialverteidiger nur die Stunden bezahlt werden, die das Gericht als begründet und angemessen erkennt.
Weil die Anwälte nichts so fürchten wie die Kürzung ihrer Kostennoten, machen sie einen nicht unerheblichen Teil ihres Aufwands gar nicht erst geltend. Dazu kommt, dass man sich nicht gern als Anwalt outet, der vielleicht ein bisschen länger braucht, bis er das Wesentliche erkannt und die richtige Verteidigungsstrategie gefunden hat. Und schliesslich will man ja nicht als unverschämter Abzocker gelten, zumal ein solcher Ruf zur Kürzung jeder weiteren Kostennote führt. Diese Mechanismen führen dazu, dass die Waffengleichheit, die immerhin aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK abgeleitet wird, im Strafprozess zur leeren Floskel degeneriert.
Quelle: NZZ Nr. 166 vom 20.07.2007, 41.
Dass dies nicht die Summen sind, die den einzelnen Beteiligten “gezahlt” werden (sondern die entstehenden Kosten), müsste bei nur überschlägiger Kalkulation doch eigentlich evident sein, auch für einen Strafverteidiger.
Hab ich was anderes behauptet, Regierungssprecher?
Ja, haben Sie: “Einem Offizialverteidiger zahlt der Staat demnach etwa den gleichen Stundenansatz wie einem Swissair-Staatsanwalt.”
Und wie wäre es denn richtig? “Einem Offizialverteidiger zahlt der Staat demnach etwa den Stundenansatz, den ihm ein Swissair-Staatsanwalt kostet?” Überschlägige Kalkulation war schon in der Schule nie meine Stärke.
Zur “leeren Floskel” degeneriert die demokratische Kontrolle, wenn man ohne rot zu werden dem Parlament einfach einen Stapel erfundene Zahlen vorlegen kann. In der SAir-Untersuchung hätte demnach eine Sekretärin etwas über Fr. 17’000 Montaslohn gehabt (4×43 Wochenstunden à Fr. 100.-). Ein juristischer Sekretär rund Fr. 20’000.- usw. Offensichtlich frei erfunden und ein Hohn auf die Öffentlichkeit.
Anders als ein Anwalt bezogen (und beziehen) diese Leute einen fixen Monatslohn für ihre Arbeit. Dieser wiederum ist in der Vollzugsverordnung zum Personalgesetz des Kt. Zürich festgelegt (hint: eine Sekretärin verdient beim Kt. Zh. etwas schlechter als in der Privatwirtschaft). Die Personalkosten entsprechen also:
[Dauer der Untersuchung] x [Ausbezahlte Monatslöhne].
Die Antwort des Departements ist in ihrer plumpen Verschleierung der wahren Verhältnisse ein Skandal. – Aber wie immer wird hier einfach nur durch gewunken. Was in den USA zu Amtsenthebung und ein paar Jahren Gefängnis führen könnte ist hierzulande kaum mal einen Leserbrief wert. Was will man da sagen…?
Hier scheinst Du einem Missverständnis zu unterliegen (und nicht an einer Schwäche in überschlagsmässiger Kalkulation zu leiden. Die Kalkulation des Zürcher Regierungsrates basiert auf Kosten und nicht auf Aufwänden (was ja doch ein erheblicher Unterschied ist) und dies vermutlich auf Vollkostenbasis: pagatorische Kosten für Personal inkl. Sozialleistungen etc., Sachmittel wie Büros, Informatik etc., kalkulatorische Kosten für Overhead, Abschreibungen etc.etc.. Dies macht das ganze zwar nicht billiger, aber immerhin verständlicher.