Was nicht geheim ist …

… kann auch nicht rechtswirksam als geheim oder vertraulich klassifiziert und unter strafrechtlichen Schutz gestellt werden. So hat das Bundesstrafgericht den Freispruch des Journalisten Sandro Brotz sinngemäss begründet. Ihm war vorgeworfen worden, ein klassifiziertes Dokument im “Sonntag” veröffentlicht zu haben (Art. 293 StGB)

Aus dem online gestellten begründeten Urteil (SK.2011.7 vom 18.08.2011):

Die Nachfolgeverordnung vom 4. Juli 2007 (ISchV) wurde nach Inkrafttreten des BGÖ und somit unter der Geltung des Öffentlichkeitsprinzips erlassen. Damit ist gesagt, dass Klassifizierungen gemäss ISchV nur in umschriebenen Ausnahmefällen zulässig sind. Im konkreten Fall ist evident, dass mit dem Inhalt des “vertraulichen” Dokuments – im Lichte der Verordnung vom 10. Dezember 1990 gesehen – weder die Beziehungen der Schweiz zum Ausland noch die innere und äussere Sicherheit des Landes auch nur ansatzweise tangiert waren. Ebenso liegen keine Anhaltspunkte vor, wonach die Stellungnahme der fedpol an den Vorsteher des EJPD zu einem Medienbericht die Regierungstätigkeit oder staatliche Massnahmen schwer beeinträchtigen könnte. Bedeutende Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse und die Sicherheit von Infrastrukturen waren nicht berührt und eine Strafverfolgung konnte mit der öffentlichen Kenntnisnahme des Inhalts des “vertraulichen” Dokuments nicht vereitelt werden. Aber auch wenn man nicht die rechtliche Lage zum Zeitpunkt der Klassifizierung sondern jene zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des klassifizierten Dokuments berücksichtigt, lassen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür finden, dass die Kenntnisnahme des klassifizierten Dokuments durch Unberechtigte den Landesinteressen Schaden zufügen könnte. Zum gleichen Schluss führt die Aussage des von der Bundesanwaltschaft als Auskunftsperson befragten damaligen Generalsekretärs des EJPD, E.: “So brisant ist dieses Dokument auch nicht. Es ist vertraulich und verdiente deshalb eine spezielle Behandlung. Nicht aber vom Inhalt her” (pag. 130). Diese Aussage ist trotz fehlender Konfrontation mit dem Beschuldigten beweistauglich, da sie für ihn nicht belastend ist (E. 4.6.4).