Weiterhin starre Grenzwerte bei Geschwindigkeitsüberschreitungen
Das Bundesgericht bleibt bei seiner Rechtsprechung, wonach von den von ihm definierten Grenzwerten nur unter besonderen Umständen abzuweichen ist (BGer 6B_146/2012 vom 30.04.2012). Der heute im Internet publizierte Fall betrifft einen Automobilisten, der auf einer Passstrasse ausserorts 33.3 km/h zu schnell fuhr. Der Umstand, dass er nicht auf den Tacho achtete, entlastete ihn nicht, wobei die Begründung des Bundesgerichts etwas schräg anmutet (s. meine Hervorhebungen unten):
Der Beschwerdeführer fuhr ausserorts 33.3 km/h zu schnell. Diese Geschwindigkeitsüberschreitung liegt über dem vom Bundesgericht festgelegten Grenzwert, ab welchem grundsätzlich in objektiver und subjektiver Hinsicht eine grobe Verkehrsregelnverletzung vorliegt. Die Strassen- und Sichtverhältnisse waren zwar gut. Indessen befand sich der Beschwerdeführer während der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht alleine auf der Strasse. Es herrschte lockerer Kolonnenverkehr. Sein Argument, er habe nicht auf den Tachometer geschaut und sich dem allgemeinen Verkehrsfluss angepasst, begründet keine besonderen Tatumstände und vermag ihn in subjektiver Hinsicht nicht zu entlasten. Ungeachtet der Fahrweise der anderen Verkehrsteilnehmer musste er seine Aufmerksamkeit (auch) auf den Tachometer seines Fahrzeugs richten. Es handelt sich nicht um eine blosse Unachtsamkeit wie etwa im Fall, als ein Automobilist eine temporäre Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Autobahn, die bloss während einer Woche galt, übersah (Urteil 6B_109/2008 vom 13. Juni 2008 E. 3.2). Denn die Geschwindigkeitsanzeige auf dem Tachometer variiert anders als die generelle Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn laufend. Insgesamt durfte die Vorinstanz von einer subjektiv schwerwiegenden Verfehlung ausgehen. Nichts zu seinen Gunsten ableiten kann der Beschwerdeführer aus den Urteilen 6B_193/2008 vom 7. August 2008 und 6B_283/2011 vom 3. November 2011, in welchen Geschwindigkeitsüberschreitungen bei Überholvorgängen zu beurteilen waren. Auch ohne ein solches Manöver fällt eine grobe Verkehrsregelnverletzung in Betracht. Die Verurteilung nach Art. 90 Ziff. 2 SVG verletzt kein Bundesrecht (E. 1.4, Hervorhebungen durch mich).
Heisst also mit anderen Worten: Eine für kurze Zeit angebrachte Temporeduktionstafel in einem Abschnitt des Strassenverkehrs, auf dem ansonsten gewohnheitsmässig schneller gefahren werden darf, kann eher einmal übersehen werden, als ein während der Fahrtdauer längeres Nichtüberprüfen der eigenen Fahrgeschwindigkeit (via Blick auf den eigenen Tacho)… So verstehe ich das jedenfalls und find ich soweit auch überzeugend…