Wen schützen die Berufsgeheimnisse?
Als Hüterin von Privatsphäre und Berufsgeheimnissen ist das Bundesgericht wahrlich nicht bekannt. In einem neuen Urteil (BGer 1B_303/2013 vom 21.03.2014) schlägt es m.E. eine weitere Lücke in den Schutz von Geheimnisherren, deren Geheimnisse in einem Strafverfahren, mit dem sie nichts zu tun haben, offenbart werden. Ausgangspunkt der Offenlegung ist die sicher richtige Regel, dass sich ein Berufsgeheimnisträger nicht hinter dem Berufsgeheimnis verstecken kann, wenn er selbst Beschuldigter ist.
Diese Regel kann doch aber nicht dazu führen, dass nicht involvierte Dritte – Sie und nicht primär den Anwalt schützt doch das Berufsgeheimnis – dem Zugriff der Behörden ausgesetzt sind. Das aber ist wohl die Konsequenz des Bundesgerichts:
Für die versiegelten Kontenunterlagen (des für anwaltliche Transaktionen geführten Kontos) besteht kein absolutes Beschlagnahme- bzw. Entsiegelungshindernis. Zwar wird im neuen Art. 264 Abs. 1 lit. d StPO (in Kraft seit 1. Mai 2013, AS 2013 849) präzisiert, dass das grundsätzliche Verbot der Beschlagnahme von anwaltlichen Gegenständen und Unterlagen nicht nur für den anwaltlichen Verkehr mit der beschuldigten Person (vgl. Art. 264 Abs. 1 lit. c StPO) gilt, sondern auch für den Verkehr einer anderen (nicht beschuldigten) Person mit ihrer Anwältin oder ihrem Anwalt. Auch Art. 264 Abs. 1 lit. d StPO schränkt jedoch (wie lit. c) ausdrücklich ein, dass dieses Beschlagnahmehindernis nur besteht, sofern die betroffene Anwältin oder der Anwalt im gleichen Zusammenhang nicht selber beschuldigt ist (E. 6).
Wie sich die betroffenen Klienten wehren könnten, so sie denn überhaupt von ihrem Glück erfahren würden, sagt das Bundesgericht auch:
Im vorliegenden Zusammenhang ist es auch nicht Sache des Zwangsmassnahmengerichtes oder des Bundesgerichtes, anhand der versiegelten Bankunterlagen mitbetroffene Klienten des Beschwerdeführers zu eruieren und diese zur Wahrung von allfälligen Geheimnisschutzinteressen einzuladen. Vielmehr wäre es seine eigene Sache als Konteninhaber und Anwalt, seine mitbetroffenen Klienten nötigenfalls in geeigneter Weise über die erfolgte Edition zu informieren (E. 6).
Vielleicht ist es das Bundesgericht auch einfach müde, sich immer und immer wieder mit Beschwerden aus demselben Strafverfahren befassen zu müssen.