Wenn der Strafrichter zum Zivilrichter wird

Wie eng Straf- und Zivilrecht bisweilen zusammenhängen, zeigt ein heute online gesteller Entscheid des Bundesgerichts (BGE 1P.802/2005 vom 09.03.2006). Strafrechtlich führte die zivilrechtliche Würdigung eines Sachverhalts zu einem Freispruch, allerdings mit Kostenauflage an den Freigesprochenen. Zivilrechtlich wurden ihm hingegen Vorwürfe gemacht, was die Kostenauflage rechtfertigte:

Ferner warf das Obergericht dem Beschwerdeführer einen Verstoss gegen das Verbot treuwidrigen Verhaltens im Geschäftsverkehr vor. Damit geht aus der Begründung des Obergerichts klar hervor, dass es dem Beschwerdeführer nicht den Vorwurf einer strafrechtlichen Schuld machte, sondern ihm eine Verletzung gesellschaftsrechtlicher und damit zivilrechtlicher Verhaltensnormen vorwarf. Dies gilt auch für den Vorwurf des treuwidrigen bzw. widerrechtlichen Verhaltens im Sinne von Art. 41 OR. Da diese vom Beschwerdeführer beanstandeten Ausführungen des Obergerichts nicht den Eindruck erwecken, es halte ihn im strafrechtlichen Sinne für schuldig, liegt keine Verletzung der Unschuldsvermutung vor (E. 4.2, Hervorhebungen durch den Verfasser).

Zum Verhängnis wurde dem Beschwerdeführer einmal mehr sein eigenes Aussageverhalten. Hätte er von Anfang an “richtig” ausgesagt, was allerdings nur bei vertiefter zivilrechtlicher Analyse des Sachverahlts überhaupt möglich gewesen wäre, wäre das Verfahren wohl eingestellt worden. Speziell erscheint ferner, dass sich das zivilrechtlich vorwerfbare Verhalten in diesem Fall auf eine Pflichtverletzung gegenüber einer Gesellschaft bezog, dîe dem Beschwerdeführer zu 100% gehört.