Wer nichts zu verbergen hat …
Die Anforderungen an den haftrechtlichen dringenden Tatverdacht scheinen immer geringer und die Erwägungen des Bundesgerichts dazu immer simpler zu werden. Ein m.E. besonders beunruhigendes Beispiel stellt BGer 1B_466/2012 vom 03.09.2012 dar, in dem die Haft primär darauf abgestützt wird, dass sie Aussagen der Beschwerdeführerin “auf den ersten Blick zumindest teilweise wenig kohärent und kaum glaubhaft” erscheinen. Aus dem Entscheid muss ich folgende Sätze zitieren:
Anlässlich der Hausdurchsuchung vom 4. Juli 2012 am Wohnort der Beschwerdeführerin wurden verschiedene Unterlagen sichergestellt, die Überweisungen von teilweise grösseren Geldbeträgen nach Thailand belegen. Dazu wollte sich die Beschwerdeführerin nicht äussern. Dies erstaunt. Hätte sie insoweit nichts zu verbergen gehabt, hätte sie dazu nähere Angaben machen können (E. 2.4, Hervorhebungen durch mich).
Und hätte sie nähere Angaben gemacht, wären sie dann nicht “zumindest teilweise wenig Kohärent und kaum glaubhaft” gewesen?
Das nächste Zitat könnte den Schluss zulassen, am Anfang der eigentlichen Ermittlungen reiche ein diffuser Anfangsverdacht, um Menschen in Untersuchungshaft zu stecken:
Da die Beschwerdeführerin und allfällige weitere Tatbeteiligte nichts über die ersten Ermittlungen erfahren sollten, waren die Möglichkeiten der Polizei und der Staatsanwaltschaft bis zur Verhaftung der Beschwerdeführerin am 4. Juli 2012 eingeschränkt. Die eigentliche Untersuchung gegen die Beschwerdeführerin konnte daher erst nach ihrer Verhaftung beginnen. Berücksichtigt man dies, dürfen nach der dargelegten Rechtsprechung an den dringenden Tatverdacht noch keine hohen Anforderungen gestellt werden (E. 2.5).
Vielleicht ist der Entscheid ja einfach in der Begründung missraten, aber er bleibt ein Entscheid des Schweizerischen Bundesgerichts.
Der hervorgehobene Teil ist sehr bedenklich, aber aus dem Ganzen Urteil würde ich eher auf eine missratene Begründung tippen.