Wer sich selbst verteidigt, …
… hat einen Narren zum Mandanten, sagt man. Das Bundesgericht geht nicht ganz so weit, anerkennt aber immerhin, dass der Mandant “deshalb prinzipiell schlechter gestellt sein” dürfte.
Aus diesem Grund kassiert es ein Urteil des Kantonsgericht LU, das einem Beschuldigten nach Einstellung des Verfahren keine Entschädigung für den Aufwand seiner Verteidigung gewähren wollte (BGer 6B_193/2017 vom 31.05.2017).
Wer sich selbst verteidigt hat einen
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist einem Beschuldigten in der Regel der Beizug eines Anwalts zuzubilligen, jedenfalls wenn dem Deliktsvorwurf eine gewisse Schwere zukommt. Es ist zu beachten, dass es im Rahmen von Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO um die Verteidigung einer vom Staat zu Unrecht beschuldigten und gegen ihren Willen in ein Strafverfahren einbezogenen Person geht. Das materielle Strafrecht und das Strafprozessrecht sind zudem komplex und stellen insbesondere für Personen, die das Prozessieren nicht gewohnt sind, eine Belastung und grosse Herausforderung dar. Wer sich selbst verteidigt, dürfte deshalb prinzipiell schlechter gestellt sein. Dies gilt grundsätzlich unabhängig von der Schwere des Deliktsvorwurfs. Auch bei blossen Übertretungen darf deshalb nicht generell davon ausgegangen werden, dass die beschuldigte Person ihre Verteidigerkosten als Ausfluss einer Art von Sozialpflichtigkeit selbst zu tragen hat. Im Übrigen sind beim Entscheid über die Angemessenheit des Beizugs eines Anwalts neben der Schwere des Tatvorwurfs und der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität des Falls insbesondere auch die Dauer des Verfahrens und dessen Auswirkungen auf die persönlichen und beruflichen Verhältnisse der beschuldigten Person zu berücksichtigen (BGE 142 IV 45 E. 2.1; 138 IV 197 E. 2.3.5). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass im Besonderen bei blossen Übertretungen die Antwort auf die Frage, ob der Beizug eines Anwalts angemessen war, von den konkreten Umständen des einzelnen Falles abhängt, wobei allerdings an die Angemessenheit keine hohen Anforderungen zu stellen sind (Urteil 6B_843/2015 vom 24. Februar 2016 E. 2.2) [E. 2.5, Hervorhebungen durch mich].
“sei doch allgemein bekannt, dass ein Strafbefehl sich meist nur auf die von der Polizei im Rapport festgehaltenen Umstände stütze, die Äusserungen der Betroffenen gar keine Beachtung fänden oder als Schutzbehauptungen abgetan würden und dass die Staatsanwaltschaft gar keine eigenen Abklärungen mehr vornehme”
Vielleicht könnte der Staat im Strafverfahren noch mehr sparen, wenn die Polizei die Strafbefehle gleich selber erlässt – zumindest in Bagatellfällen bis 4 Monate Freiheits- oder Geldstrafe. Und wenn es für den Strafbefehl schon keinen Juristen braucht, dann erst recht nicht für die Einsprache.