Wider den Missbrauch der Unschuldsvermutung!

Wer versehentlich seine Parkgebühr für das falsche Parkfeld bezahlt, muss bestraft werden. Dies ist das Ergebnis eines im Internet publizierten Urteil des Bundesgerichts (6S.123/2007 vom 23.07.2007).

Art. 48 Abs. 6 SSV (Signalisationsverordnung) lautet wie folgt:

Das Signal «Parkieren gegen Gebühr» (4.20) kennzeichnet Parkplätze, auf denen Motorwagen nur gegen Gebühr und gemäss den an der Parkuhr vermerkten Bestimmungen abgestellt werden dürfen.

Dass diese Bestimmung verletzt, wer die falsche Parkuhr in Gang setzt, ist nun nicht ohne Weiteres ersichtlich. Das Bundesgericht schafft Klarheit:

Auf dem in Frage stehenden Parkplatz erfolgt die Registrierung direkt an der Parkuhr, so dass die Quittung nicht im Auto deponiert werden muss. Die Quittungen werden deshalb häufig sofort in den Abfalleimer geworfen, weshalb es ein Leichtes ist, sich einer entledigten Quittung zu behändigen und unter deren Vorweisung zu behaupten, man habe zwar bezahlt, jedoch für das falsche Parkfeld. Die rechtsanwendenden Behörden hätten mithin in jedem Einzelfall die Glaubwürdigkeit solcher Vorbringen zu prüfen. Eine solche Überprüfung wäre nicht nur schwierig, sondern liefe aufgrund des den Behörden erwachsenden unverhältnismässig hohen Aufwands auch einem effizienten Vollzug der Ordnungsbussen zuwider. Des Weiteren würde eine solche Praxis Missbrauch Tür und Tor öffnen, da oftmals zugunsten der angeschuldigten Person davon ausgegangen werden müsste, diese habe sich tatsächlich vertippt. Folglich verletzt die Auffassung der Vorinstanz, bereits das falsche Eintippen, d.h. das Entrichten der Gebühr für ein nicht benutztes Parkfeld, erfülle den objektiven Tatbestand von Art. 48 Abs. 6 SSV, kein Bundesrecht (E. 3.3, Hervorhebungen durch mich).

Das könnte man auch so formulieren: Um Missbrauch zu verhindern, sind Tatbestände so auszulegen, dass sich der Beschuldigte nicht dagegen verteidigen kann.