Wie weiter mit dem Bundesgericht?
In einem Interview in der NZZ am Sonntag macht sich der Präsident des Bundesgerichts Gedanken über die Zukunft des Bundesgerichts. Dass es wie bisher nicht weiter gehen sollte, pfeifen die Spatzen längst von den Dächern. Offen aussprechen mag es aber kaum jemand, was auch daran liegen mag, dass die Abläufe in Lausanne für Aussenstehende nicht sehr transparent sind. Umso wertvoller sind die Äusserungen des Präsidenten, der die Missstände wenigstens indirekt nennt. Mit folgender Äusserung trifft er m.E. den Nagel auf den Kopf:
Wir sollten das Schwergewicht der bundesrichterlichen Arbeit auf die Leit- und Grundsatzentscheide verlegen. Heute wird das Gericht mit jährlich gegen 7500 Beschwerden belastet. Der Zugang zum Gericht ist praktisch uneingeschränkt möglich. Das ist auch gut so. Aber es sind selbstverständlich nicht alles Grundsatzfälle. Pro Abteilung und Jahr gibt es vielleicht etwa 100 Grundsatz- und Leitentscheide. Auf diese müsste das Bundesgericht sich konzentrieren, nicht auf die Routinefälle.
Als Lösung schlägt er vor:
Bei offensichtlich unzulässigen Beschwerden kann der Instruktionsrichter schon heute auf Nichteintreten erkennen. Zudem können bei klaren Fällen drei Richter Nichteintreten, Gutheissung und Abweisung der Beschwerde beschliessen und das summarisch begründen. Mein Vorschlag geht dahin, dass man solche Fälle künftig als Einzelrichter entscheiden könnte. Die Beschwerdeführenden müssten allerdings akzeptieren lernen, dass das Bundesgericht nach Prüfung sagt, ein bestimmter Fall gehöre nicht zu den Grundsatzentscheiden und sei von den Vorinstanzen korrekt abgehandelt worden.
Der Vorschlag ist m.E. im Grundsatz richtig. Ich würde allerdings wesentlich weiter gehen und höhere Zulassungshürden einführen. Eine vorgeschaltete Kammer – kein Einzelrichter – soll eine Triage vornehmen und über die Zulassung endgültig entscheiden. Die wenigen zugelassenen Fälle sollen dann aber in der Regel öffentlich verhandelt werden und eine Urteilsbegründung erhalten, die ihren Namen verdient.
Für einen Beschwerdeführer ist es wesentlich einfacher zu akzeptieren, dass sich das Bundesgericht mit seinem Fall nicht auseinandersetzen will, als einen kaum oder schwach begründeten Entscheid zu erhalten, der dann erst noch CHF 2,000.00 bis 4,000.00 (ohne eigene Anwaltskosten und allfällige Parteientschädigungen) kostet.