Wiedereinführung der Todesstrafe
In der Schweiz soll eine Volksinitiative zur Wiedereinführung der Todesstrafe lanciert werden (vgl. dazu die vielfach kommentierten Beiträge bei Tages-Anzeiger online und NZZonline). Soweit ich richtig recherchiert habe, scheiterte eine ähnliche Initiative im Jahr 1985 im Sammelstadium. Damals ging es darum, den Handel mit harten Drogen mit dem Tod zu bestrafen. Die geplante Initiative zielt offenbar auf „Mord mit sexuellem Missbrauch“, also eine Art Supermord.
An der Anzahl der Unterschriften wird es diesmal nach meiner Einschätzung nicht mehr scheitern. Hunderttausend finden sich wahrscheinlich für jede noch so irrsinnige Idee. Es ist ja wahrscheinlich nichts dagegen einzuwenden, von Zeit zu Zeit über längst gelöst geglaubte Grundsatzfragen neu nachzudenken und kontrovers zu diskutieren. Aber muss man wirklich eine Volksabstimmung durchführen, wenn man ein „ja“ ohnehin nicht umsetzen kann? Nun, man muss nicht, aber man darf und man kann. So sind die Regeln. Sie sind wie so viele andere falsch, aber sie sind.
Leider wird es immer mehr Mode, dass kleinere Gruppierungen mit Blick auf die niedere Teilnahmequote (Wähler) einer Abstimmung, ihre Chancen mit rückschrittlichen Gesetzen oder Vorschriften sehen. Wenn man in Amerika sieht, wie löchrig die Todesstrafe ist, frägt man sich ob ein Mensch mit normalen Rechtsempfinden dieses Riskio auf sich nehmen möchte, hier ein gerechtes Urteil zu sprechen. Nebenbei haben wir genug an den aktuellen heimischen Gesetzen zu revidieren, damit alle Bürger die gleichen Chancen beim Zugang haben
Wenn man die Todesstrafe einführt, müsste man sich doch auch überlegen, wie und vor allem durch wen sie zu vollstrecken wäre. Ich schlage folgende Lösung vor, nämlich die Einführung einer Henkerspflicht als neue Bürgerpflicht analog der Zeugnispflicht. Der Henker wird unter allen Stimmbürgern durch das Los bestimmt. Wer seine Henkerspflicht nicht erfüllt, wird mit dem Tode bestraft.
Kein Problem, übernehme den Job gerne, aber die Bezahlung bestimme ich und ich möchte dann auch die Privilegien haben die Henker früher so hatten… 😉
Es fällt auf, dass sich gewisse Kreise gerade denjenigen Strafnormen angleichen wollen, die sie eigentlich im eigenen Land bei „Ausländern“ als „fremdartig“ blossstellen.
„Das Volk“ will offensichtlich Gott spielen, wie es die Feudalherren und Kleriker früher mal getan haben… Volkes Wort = Gottes Wort?
Vor lauter patriotischem Stolz auf unsere direkte Demokratie vergessen wir immer wieder, wie gefährlich sie sein kann. Es muss einen festen Bestand an Regeln geben, der auch gegen Mehrheitsentscheide des Volks resistent ist. Auf diesen festen Bestand müssten wir uns wieder einmal einigen und dann anerkennen, dass er nicht durch ein paar Unterschriften wieder in Frage gestellt und durch einfaches Mehr wieder geändert werden kann.
Und was nun diese Initiative betrifft, schon die Unverjährbarkeitsinitiative wundert nicht richtig umgesetzt (keine Rückwirkung!) und verwässert. Und hey, damals hiess es doch die Rückwirkung sei wegen blah blah nicht möglich, doch dieses blah blah gilt ja auch bei der Todesstrafe, wenn also die Todesstrafe kommt, dann bitte umgehend auch die Rückwirkung bei der Unverjährbarkeit, denn sonst empfehle ich das ganze Rechtssystem in die Tonne zu schmeissen und sofort die Anarchy auszurufen, ist effizienter und es braucht dann auch keine Gerichte, Richter, und Polizei mehr, die Leute schauen dann einfach selber wie, was auf welche Art und weise gelöst wird!
Und ganz ehrlich, ich werde dann Ja stimmen wenn über die Wiedereinführung der Todesstrafe abgestimmt wird und zwar als kleine Rache dafür, dass die Unverjährbarkeit nun obwohl klar implizit genannt nicht rückwirkend ist!
Und hey, wegen der Wahl des Henkers, warum es nicht gleich die Opfer übernehmen lassen? Ach ja, blöd die gilt ja nur bei Mord in Zusammenhang mit Sexualstraftaten und dann sind die Opfer ja bereits tot, schade, wäre sonst irgendwie noch sauber gewesen nicht?
Aber hey, easy, wenn die Initiative durchkommt, erweitern wir die einfach auf Vergewaltigungen und Sexuellen Missbrauch allgemein, dann klappt es dann auch damit, dass die Opfer dann ihre Täter selber hinrichten! 😉
Nun, ich hätte aber trotzdem lieber die Rückwirkung bei der Unverjährbarkeit gehabt, denn wie es aktuell ist, nützt die Unverjährbarkeit genau den jetzigen opfer rein gar nichts, erst in 30 Jahren nützt die dann überhaupt was, die ist also praktisch nutzlos!
Wenn dann die Wiedereinführung der Todesstrafe, falls sie durch kommt, genau so absurd und billig umgesetzt wird, dann wird es dann so kommen, dass sie nur dann gilt wenn das Opfer genau während der Sexualstraftat umgebracht wurde, aber nicht wenn es kurz danach geschah und auch nur dann wenn es erwürgt wurde aber nicht wenn es erschossen wurde und wenn es erstochen wurde dann wird neu entschieden und womöglich eine halbe Todesstrafe ausgesprochen oder ähnlich…
Noe, sorry, nach dem die Unverjährbarkeit dermassen schlampig umgesetzt wurde, wundert einem als Opfer ja rein gar nichts mehr!
Und hiess es nicht bereits da, dass man befürchte, dass dann mehr Opfer umgebracht würden, weil ja Mord verjährt aber Sexualstraftaten an Kinder nicht mehr? Womöglich ist die Todesstrafe in Zusammenhang mit solchen Straftaten ja nun die Konsequenz dieser Befürchtung!
Nur geht es wieder einmal völlig an den Bedürfnissen der Opfer vorbei, was interessiert es mich wenn der Täter tot ist, wenn ich als Opfer nicht einmal die Therapien bezahlt bekomme? Das Opfer ja quasi bereits die Todesstrafe erhalten, einfach auf Raten, viel wichtiger wäre da eine professionelle und effiziente Opferhilfe, anstatt die Strafen immer weiter zu erhöhen und dabei die Bedürfnisse der Opfer weiterhin zu negieren!
Irgendwie ist ohnehin alles nur Gebastel und WIshiWashi…. 🙁
Die Todestrafe einzuführen, wäre natürlich Unsinn, aber ich wüsste nicht, wieso man ein „ja“ nicht umsetzen könnte, wenn man es wollte. Andere Länder haben die Strafart ja auch – sogenannte Rechtsstaaten wie wir einen haben (zumindest offiziell). Ich bin nicht mal mehr sicher, ob das Volk nein stimmen würde. Die ganz überwiegende Mehrheit sieht sich ja eher als potenzielle Opfer, denn als potenzielle Täter – also was sollte sie davon abhalten…? Angebliche christliche Nächstenliebe? Wohl eher nicht…
Viel wichtiger erscheint mir aber, dass (fast) jede Frage zur Abstimmung zugelassen wird (mit Ausnahmen wie: „jetzt schaffen wir die Schwerkraft ab“) und wir sie nicht mit einem „das widerspricht den Grundsätzen unseres Rechsstaats“ oder (schlimmer) „das widerspricht unserer Tradition“ abwürgen. Wer anders als die Mehrheit sollte über die Regeln, die wir uns auferlegen, entscheiden? Etwa eine Minderheit, ein selbst ernannter Rat von Weisen oder gar ein Einzelner? Ich sehe keine andere Möglichkeit, als die Mehrheit entscheiden zu lassen, wobei es natürlich schön wäre, wenn es eine wirkliche Mehrheit wäre und nicht nur ein Bruchteil der Betroffenen (etwa weil Jugendliche und Ausländer/innen ausgeschlossen sind und die Hälfte der Übrigen sowieso nicht abstimmt). Im Übrigen könnte unsere Verfassung zwar nicht mehr verschlechtert werden, wenn wir den jetzigen Status als optimal bezeichnen – sie könnte jedoch auch nicht verbessert werden.
Regeln, die gegen einen Mehrheitsentscheid resistent sind? Ist das nicht illusorisch? Selbst wenn die Regeln offiziell nicht geändert werden dürften, so würden sie einfach nicht mehr eingehalten, wenn die Mehrheit es will. Ist das Folterverbot nicht sog. zwingendes Völlkerrecht? Und trotzdem gibt es Staaten, die sich nicht daran halten, vermutlich sogar Rechtsstaaten. Und wer sollte sich für so weise halten, dass er für zukünftige Generationen Regeln aufstellt, die diese nicht ändern dürfen?
Nun m.E nach liegt die Crux eben genau bei der Umsetzung, denn genau da wird dann meist eben das was die Mehrheit abgestimmt hat, dann von einer Minderheit verändert, verwässert und ganz anders umgesetzt als ursprünglich gedacht und die Mehrheit eben eigentlich abgestimmt hat!
Ich nehme wieder das Beispiel mit der Unverjährbarkeit, der Grundgedanke war da das Sexualstraftaten an Kindern nicht mehr verjähren, in den Sendungen von Infrarouge wurde mehrfach darüber diskutiert und da haben die Initianten mehrfach die Wichtigkeit auch für die aktuellen Opfer genannt, es kamen sogar Opfer zu Wort die meinten, dann könnten und würden sie endlich auch Anzeigen machen…
Nur leider hat die jetzige Umsetzung genau das verhindert, all die Opfer die da in den Sendungen davon ausgingen sie könnten dann ihre Täter anzeigen aber auch alle anderen heutige Opfer wurden verarscht! Denn eine Minderheit hat dann ja entschieden das es nicht rückwirkend gelte, auch da wurde Völkerrecht genannt, die Konsequenz ist nun, dass die Unverjährbarkeit den jetzigen Opfer nichts nützt und solchen die erst heute Opfer werden profitieren je nach Alter auch erst in 30 Jahren davon, dies ist garantiert nicht das was die Initianten wollten und schlussendlich auch nicht was das Volk wollte bzw. abgestimmt hat!
Wenn also schon (fast) jede Frage zur Abstimmung zugelassen wird, dann muss die Sache wenn dann so abgestimmt und angenommen wurde, dann aber auch 100% 1:1 so umgesetzt werden wie ursprünglich gedacht, alles andere ist m.E. nach Manipulation und Betrug am Volk!
Das ist schon richtig. Es sollte nicht möglich sein, über Initiativen abzustimmen, die dann nicht (voll) umsetzbar sein sollen. Da käme ich mir als Initiant und als Stimmbürger verschaukelt vor. Was hier noch angemerkt sei: Nach Art. 139 Abs. 2 BV kann eine Initiative nur dann ungültig erklärt werden, wenn sie die Einheit der Form, die Einheit der Materie oder zwingende
Bestimmungen des Völkerrechts verletzt. Wird die Initiative nicht ungültig erklärt und vom Volk angenommen, dann ist sie umzusetzen. „Nicht umsetzbar“ ist an sich gar nicht denkbar, auch wenn der Preis enorm hoch sein kann. Das zeigt aber erst recht, dass man hier etwas ändern muss, wenn man nicht hinnehmen will, dass die Errungenschaften der Aufklärung zur Disposition gestellt sein sollen.
Anscheinend geht man aber lieber den Weg, dass man alles zulässt und dann bei Annahme alles was nicht umsetzbar scheint so zurecht biegt, dass es dann schon irgendwie klappt. Ja, ich finde auch, man sollte bereits im Vorfeld denken und ändern, nicht erst wenn abgestimmt und angenommen wurde. Aber womöglich liegt es ja daran, dass das mit dem vorher denken ja auch sonst nie so richtig klappt?
Die Initiative wurde zurückgezogen! Schade!