Willkürlich, unzutreffend, nicht nachvollziehbar, nicht ersichtlich, lebensfremd, …

Das Bundesgericht zerzaust den Freispruch eines kantonalen Obergerichts  in einer Art und Weise, dass sich die am kassierten Entscheid beteiligten Personen wie unbedarfte Schulkinder fühlen müssen (BGer 6B_383/2012 vom 29.11.2012). Das Bundesgericht erachtet sogar eine antizipierte Beweiswürdigung, die ausnahmsweise zugunsten der beschuldigten Person zur Anwendung kam, als willkürlich (was eigentlich ein Widerspruch in sich ist und gleichzeitig belegt, dass die antizipierte Beweiswürdigung mit den Grundsätzen des Strafprozessrechts unvereinbar ist).

Hier ein paar Zitate aus dem Entscheid des Bundesgerichts, die der Vorinstanz sauer aufstossen dürften (Hervorhebungen durch mich):

Nicht zutreffend ist, dass die anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom Beschwerdeführer eingereichten ärztlichen Berichte und Gutachten ausschliesslich weitergehende, in der Anklageschrift nicht aufgeführte Verletzungen behandeln (E. 5.3)

Warum die Verwertung der medizinischen Berichte gegen das Anklageprinzip verstossen soll, ist nicht ersichtlich, zumal den Beschwerdegegnern 1 und 2 der angeklagte Lebenssachverhalt bekannt ist (E. 5.3)

Als unzutreffend erweist sich zudem die Annahme, die Aussagen des Beschwerdeführers hätten bezüglich des Ablaufs und der Heftigkeit des tätlichen Angriffs keinen relevanten Beweiswert (E. 5.3).

Ob sie auch glaubwürdig sind und welcher Beweiswert ihnen zukommt, ist damit noch nicht gesagt und wäre von der Vorinstanz in einem weiteren Schritt zu würdigen gewesen.

Indem die Vorinstanz die medizinischen Gutachten und Berichte sowie die Aussagen des Beschwerdeführers zum “Kerngeschehen” bei der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt, verletzt sie dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Die antizipierte Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich, da nicht alle entscheiderheblichen Elemente berücksichtigt werden.

Hingegen ist die Begründung der Vorinstanz, warum die Aussagen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft seien und er sich nicht erinnern wolle respektive Erinnerungslücken vortäusche, mit der Aktenlage nicht zu vereinbaren (E. 5.4)

Hinweise auf “bewusste Erinnerungslücken”, um sich nicht dem Vorwurf des Selbstverschuldens auszusetzen, ergeben sich weder aus den Akten noch aus dem Aussageverhalten. Die vermeintlichen Unterschiede in Dichte und Umfang zwischen der polizeilichen und der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme lassen sich den Akten nicht in dem Mass entnehmen, wie die Vorinstanz ausführt, sondern sind eher untergeordneter Natur (E. 5.4)

Anhaltspunkte, dass er aus finanziellen Motiven keine Aussagen machen wolle und Erinnerungslücken nur vortäuschte, gibt es nicht. Der aufgeführte Grund erweist sich als spekulativ (E. 5.4)

Auch kann nicht einfach gesagt werden, eine detailliertere Aussage würde die “allgemeine Behauptung, die Beschwerdegegner 1 und 2 hätten ihn spitalreif geschlagen”, in Frage stellen oder gar widerlegen (E. 5.4)

Es mutet zudem lebensfremd an, wenn die Vorinstanz implizit davon ausgeht, der Beschwerdeführer könne in einer derartigen Ausnahmesituation eine detailliertere Schilderung des Tatgeschehens abgeben und sich im Einzelnen daran erinnern, welcher Beschwerdegegner ihn wie geschlagen oder getreten hat (E. 5.4).

Dass der Beschwerdeführer mit seinem Aussageverhalten die Grundlage für Zweifel an seinen Aussagen gelegt habe, die mit sachlicher Begründung kaum zu überwinden seien, hält unter Berücksichtigung der medizinischen Unterlagen einer Überprüfung nicht stand und erweist sich als willkürlich (Art. 9 BV) [E. 5.5].

Die vorinstanzliche Würdigung der Aussage des Zeugen B. ist sachlich nicht nachvollziehbar (E. 6.3).

Unklar bleibt, was die Vorinstanz mit der Formulierung zum Ausdruck bringen möchte, “die Schilderung sei nicht so detailliert und originell, dass sie nicht auch andere Ereignisse der gleichen Art beschreiben könnte” (E. 6.3).

Welchen Grad an Detailliertheit und Originalität erforderlich sein soll, um glaubwürdig zu sein, ist nicht klar und wird von der Vorinstanz offengelassen (E. 6.3).

Inwieweit eine detailliertere Schilderung Auswirkungen auf die rechtliche Bewertung haben könnte, ist nicht ersichtlich (E. 6.3).

Soweit die Vorinstanz in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme nachträgliche Dramatisierungstendenzen gegenüber dem Polizeirapport ausmacht, ist anzumerken, dass sie dem Polizeirapport zu grosse Bedeutung zumisst. Dieser wurde mehr als drei Monate nach der Befragung verfasst (E. 6.3).

Insgesamt ist die Auseinandersetzung der Vorinstanz mit der Beweislage nicht sachgerecht und verletzt Bundesrecht (E. 7).

Der Verzicht auf Beweisergänzungen – insbesondere auf medizinische Abklärungen – mit der Begründung, diese würden sich nicht auf den Verfahrensausgang auswirken (antizipierte Beweiswürdigung), ist unhaltbar (E. 7.1)

Nicht nachvollziehbar ist, dass die Vorinstanz den provisorischen Austrittsbericht des Stadtspitals Waid als nicht verwertbar bezeichnet, die darin dokumentierten Verletzungen jedoch ihrer Urteilsbegründung (hypothetisch) zugrunde legt (E. 7.1)

Welche weiteren Anforderungen die Vorinstanz an die Verwertbarkeit von Urkundsbeweisen im Sinne von Art. 192 StPO verlangt, ist – auch unter Hinweis auf eine analoge Anwendung von Art. 126 StPO betreffend den gerichtlichen Entscheid über anhängig gemachte Zivilklagen – nicht ersichtlich (E. 7.2).

Unverständlich ist insbesondere, dass die Vorinstanz den Beschwerdeführer und die Zeugen C. und B. nicht gerichtlich einvernommen hat (E. 7.2).

Die vorinstanzliche Würdigung der Aussagen ist nicht nachvollziehbar (E. 7.3).

Die dort gemachten Aussagen berücksichtigt die Vorinstanz bei der Beweiswürdigung jedoch nicht (E. 7.3).

Das Bundesgericht wirft der Vorinstanz im Ergebnis praktisch vor, eine beschuldigte Person willkürlich freigesprochen zu haben und damit die beschuldigte Person begünstigt zu haben. Wenn das so wäre, würden die am kassierten Entscheid beteiligten Personen einsehen müssen, dass sie ihre Pflichten grob verletzt haben. Wenn es so wäre, würden sie mit sofortiger Wirkung  zurücktreten und eine je Selbstanzeige bei der disziplinarischen Aufsichtsbehörde sowie bei der Staatsanwaltschaft einreichen.  Gleichzeitig würden sie wahrscheinlich umgehend den für die Bearbeitung des Falles aufgewendeten Lohn an die Staatskasse zurückzahlen. Es könnte aber auch sein, dass sie zum nun aufgehobenen Entscheid stehen und die höchstrichterliche Kritik  hinter vorgehaltener Hand als unsachlich zurückweisen.