Willkürliche Mutmassungen
Das Bundesgericht kassiert ein Urteil, das bezüglich der Schwere von körperlichen Verletzungen im Wesentlichen auf Mutmassungen eines Arztes abgestellt hatte (BGer 6B_896/2010 vom 10.05.2011):
Insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen des Vorfalls auf die psychische Gesundheit des Kindes sowie der Frage, wie lange die Spuren der Verletzungen im Gesicht der Geschädigten sichtbar waren, lassen sich aus diesen keine Tatsachenfeststellungen zum Verletzungsbild herleiten (…). Die Vorinstanz würdigt diese Vermutungen als Tatsachen, ohne sich auf weitere Beweise zu berufen, welche die Ausführungen von Dr. med. C. zu belegen vermögen. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung beruht somit in weiten Teilen auf Mutmassungen. Eine derartige Feststellung des rechtlich relevanten Sachverhalts verletzt das Willkürverbot nach Art. 9 BV. Die Behebung des Mangels ist für den Ausgang des Verfahrens entscheidend, da ein fehlerfrei erstellter Sachverhalt Bedingung für eine korrekte Rechtsanwendung ist (E. 2.4.3).
Die Vornstanz hat auch die Begründungspflicht verletzt (subj. Tatbestand bei Fahrlässigkeitsdelikten):
Grundvoraussetzung für eine Sorgfaltspflichtverletzung und mithin für die Fahrlässigkeitshaftung bilden die Vorhersehbarkeit sowie die Vermeidbarkeit des Erfolgs (vgl. dazu BGE 135 IV 56 E. 2.1). Dazu äussert sich die Vorinstanz nicht, womit sie ihrer Begründungspflicht nicht nachkommt (E. 3.1).
Schliesslich bestätigt das Bundesgericht seine Rechtsprechung zum strafrechtlichen Legalitätsprinzip im Bereich kantonalen Übertretungsrechts:
Der Grundsatz der Legalität (“nulla poena sine lege”) ist in Art. 1 StGB und Art. 7 EMRK verankert. Im Rahmen des kantonalen (Übertretungs-)Strafrechts gilt das Legalitätsprinzip nicht gestützt auf Art. 1 StGB, sondern es fliesst direkt aus dem Verfassungs- bzw. Konventionsrecht. Zumindest als Ausfluss des Willkürverbotes (Art. 9 BV) gehört der Grundsatz “nulla poena sine lege” zum Bundes(verfassungs)recht im Sinne von Art. 95 lit. a BGG (Urteil 6B_442/2010 vom 15. Juli 2010 E. 2.4 mit Hinweis). Zudem wird das Legalitätsprinzip in seiner allgemeinen Bedeutung von Art. 5 Abs. 1 BV mitumfasst. Es besagt, dass sich ein staatlicher Akt auf eine materiellrechtliche Grundlage stützen muss, die hinreichend bestimmt und vom staatsrechtlich hierfür zuständigen Organ erlassen worden ist (BGE 130 I 1 E. 3.1 mit Hinweisen). Der Grundsatz “nulla poena sine lege” ist demnach verletzt, wenn ein Bürger wegen einer Handlung, die im Gesetz überhaupt nicht als strafbar bezeichnet ist, strafrechtlich verfolgt wird, oder wenn eine Handlung, derentwegen ein Bürger strafrechtlich verfolgt wird, zwar in einem Gesetz mit Strafe bedroht ist, dieses Gesetz selber aber nicht als rechtsbeständig angesehen werden kann, oder endlich, wenn der Richter eine Handlung unter ein Strafgesetz subsumiert, die darunter auch bei weitestgehender Auslegung nach allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen nicht subsumiert werden kann (BGE 112 Ia 107 E. 3a mit Hinweis). Die Verletzung des einfachen kantonalen Gesetzesrechts stellt, von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, keinen zulässigen Beschwerdegrund dar (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht prüft daher im vorliegenden Fall die Verletzung des Grundsatzes “nulla poena sine lege” bloss auf Willkür hin (Urteil 6B_442/2010 vom 15. Juli 2010 E. 2.4 mit Hinweis) (E. 5.2).