Wirksame Verteidigung und Honoraranspruch
Erneut entscheidet das Bundesgericht, dass sich ein amtlicher Verteidiger im Zusammenhang mit seinem Honoraranspruch nicht auf den Anspruch wirksamer Verteidigung berufen kann (BGer 6B_1278/2020 vom 2708.2021):
Schliesslich kann der Beschwerdeführer 2 auch aus dem angerufenen Recht auf wirksame Verteidigung nichts zu seinen Gunsten ableiten. Hierbei handelt es sich um einen Individualanspruch der beschuldigten Person. Ihr Rechtsvertreter kann sich nicht darauf berufen (BGE 141 I 124 E. 4.2; Urteil 6B_7/2018 vom 17. Oktober 2018 E. 7.4) [E. 6.4].
Klar, der Anwalt muss die wirksame Verteidigung bloss sicherstellen. Tut er dies nicht, verletzt er seine Berufspflichten, was Disziplinarbussen und den Entzug der Berufsausübungsbewilligung nach sich ziehen kann. Wirksame Verteidigung hat zwar gemäss Bundesgericht durchaus auch mit dem Honorar zu tun, denn dieses muss so festgesetzt werden, dass das Mandat wirksam ausgeübt werden kann (Urteile 1B_96/2011 vom 6. Juni 2011 E. 2.2 und 6B_856/2009 vom 9. November 2009 E. 4.2). Darauf berufen kann sich der Anwalt aber eben nicht. Und der Klient im Rahmen einer Kostenbeschwerde erst recht nicht, denn ein zu tief bemessenes Honorar beschwert ihn nicht, es begünstigt ihn vielmehr.
Darf im Falle einer amtlichen Verteidigung der Verteidiger eine Differenz nicht zu Lasten des Beschwerdeführers abrechnen ? Ist er auf Gedeih und Verderb der Bemessung des Gerichtes ausgeliefert was eine angemessene Kostenote und damit ein gerechtfertigter Aufwand für den Klienten ist ? Dann muss man ja Strafberteidigern die Pikettdienst leisten entweder Befangenheit oder die noble Ideologie am Rechstaat zu gute halten, läzuft er wohls stets gefahr nur teilweise entschädigt zu werden, oder er arbeitet gleich ganz im Sinne der Staatsanwaltschaft so wie dies zB im Kanton Glarus bei den amtlich gewählten Verteidigern ist, die für Klienten zB telefonisch unerreichbar sind…
@kj
@John
Ob sich ein unentgeltlicher Rechtsbeistand in einer Beschwerde gegen die Höhe seiner Entschädigung mit dem Staat (oder eine Durchführungsstelle einer Sozialversicherung) direkt auf den Anspruch auf wirksame Verteidigung berufen kann oder ob sich nur sein Mandant (und dieser nicht bezogen auf die Höhe der Entschädigung) darauf berufen kann, ist eine formaljuristische Frage. Der unentgeltliche Rechtsbeistand kann sich auf einen Verstoss gegen die Bemessungsregeln für die Höhe der Entschädigung berufen und wenn es sich bei diesen um kantonales Recht oder um ein Ermessen handelt substantiiert auf eine willkürliche Anwendung kantonaler Bemessungsregeln oder Ermessensausübung berufen und bei dieser Substantiierung darlegen, dass und warum ein Arbeitsschritt notwendig war. Dass Problem ist, dass das Bundesgericht formelhafte Begründungen der Höhe der Entschädigung zulässt und überspannte Anforderungen an die Begründung einer willkürlichen Festsetzung stellt. Meiner Mandantin wurde einmal im Sozialversicherungsrecht die Entschädigung nach Einreichung einer detaillierten Kostennote ohne Bezugnahme auf diese Kostennote faktisch ohne Begründung drastisch gekürzt. Das Bundesgericht hat in einer Beschwerde wegen einer Ver!etzung der Begründungspflicht und Willkür, dass auch Aufwand für eine Replik notwendig war und die Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeantwort neue Argumente gebracht hat auf welche ich in der Replik reagiert habe mit der lapidaren Begründung abgewiesen, dass im kantonalen Urteil im Sachverhalt “ unaufgeforderter“ Replik erwähnt wurde. Es kann nicht darauf ankommen, ob ein Gericht einen in einer Verfügung auffordert eine Stellungnahme zu einer Beschwerdeantwort einzureichen oder diese nur zustellt, sondern ob diese neue Argumente enthält und eine Reaktion auf diese neuen Argumente notwendig ist. Ein Rechtsbeistand kann sich übrigens bei einer Beschwerde gegen die Verweigerung zur Bestellung als unentgeltlicher Rechtsbeistand in einem Rechtsgebiet in dem kein Anwaltsmonopol existiert, mit der Begründung, dass diese entgegen dem Wortlaut des Gesetzes „Rechtsbeistand“, der bisherigen Rechtslage und den Materialien nur auf im kantonalen Anwaltsregister eingetragene Rechtsanwälte beschränkt sei, nicht auf den Anspruch auf Wirtschaftsfreiheit berufen (Anwaltsmonopol nur bei unentgeltlicher Verbeiständung aber nicht bei Vertretung ohne unentgeltliche Verbeiständung ist ein marktverzerrender staatlicher Eingriff in den Wettbewerb auf dem Rechtsvertretungsmarkt). Wenn der Staat oder oft staatliche Versicherungen für die Entschädigung des Rechtsvertreters nicht zahlen sollen wird die Rechtsprechung leider oft sehr wenig nachvollziehbar.