„Wirtschaftlich berechtigt“?

Das Obergericht SO hat in einem Entscheid (STBER.2022.95 vom 20.12.2023) mehrfach Bundesrecht, darunter auch mehrfach den Anklagegrundsatz verletzt (BGer 6B_202/2024 vom 17.02.2025). Eine der Verletzungen des Anklageprinzips begründet das Bundesgericht wie folgt:

In der Anklageschrift wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe das Kokaingemisch erworben, indem er es entgegengenommen bzw. in V. , Tiefgarage W., übernommen habe. Damit wird dem Beschwerdeführer unmissverständlich Erwerb durch persönliche Übernahme, mithin ein persönliches unmittelbares Tätigwerden, vorgeworfen. Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass eine Übernahme durch eine dritte Person (in seinem Auftrag) in der Anklageschrift nicht umschrieben ist und sich in tatsächlicher Hinsicht klar vom Vorwurf des selbstständigen Tätigwerdens unterscheidet. Hätte die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer vorwerfen wollen, er habe zwar die Betäubungsmittel nicht selbst übernommen, diese jedoch „als wirtschaftlich berechtigter Übernehmer“ erworben, hätte sie einen entsprechenden Vorwurf im Anklagesachverhalt umschreiben können und müssen, zumal dies gemäss erstinstanzlicher Feststellung in den Einvernahmen bereits thematisiert worden war. Indem die Vorinstanz als erstellt erachtet, dass der Beschwerdeführer die Betäubungsmittel am 14. Juli 2018 und am 12. Januar 2019 durch eine Drittperson übernehmen liess – da er selbst in Serbien weilte -, er jedoch als wirtschaftlich berechtigter Übernehmer fungiert habe, geht sie in für die rechtliche Qualifikation relevanter Weise über den angeklagten Sachverhalt hinaus. Damit verletzt die Vorinstanz den Anklagegrundsatz und Art. 350 Abs. 1 StPO (E. 2.4.4).  

Im Rückweisungsverfahren wird jetzt wohl die Anklage „verbessert“ und in Zukunft wird sich die Staatsanwaltschaft in ihren Anklageschriften nicht mehr behaupten, wer was gemacht hat. Es reicht ja dann, den „wirtschaftlich Berechtigten“ zu bezichtigen. Tathandlungen werden im Strafrecht ohnehin überschätzt.