Würdigung des Aussageverhaltens: Nullhypothese
Das Bundesgericht bestätigt einen Freispruch des Obergerichts AG, das die belastenden Aussagen des angeblichen Opfers als unbewiesen qualifiziert hat (BGer 6B_542/2019 vom 28.08.2019).
Methodisch ist die Vorinstanz von der sog. Nullhypothese ausgegangen, welche sich m.E. bereits aus Art. 10 StPO ergibt (ob diese Auffassung auch vor Bundesgericht standhalten würde, ist aber nicht sicher):
Unter Berücksichtigung der nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung anzuwendenden Methode, mit welcher Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen seien (sog. Nullhypothese), könne bei den Schilderungen der Beschwerdeführerin angesichts der Vielzahl der dargelegten Ungereimtheiten und Widersprüche nicht von deren Wahrheit ausgegangen werden (…). Die Beschwerdeführerin beschränkt sich in ihrer Beschwerde darauf, ihre Sicht der Dinge zu schildern oder zu erklären, das kantonale Verfahren, namentlich die Verhandlungen, seien gezielt darauf ausgerichtet gewesen, sie und ihre Glaubwürdigkeit zu diskreditieren, was unter anderem daran ersichtlich sei, dass zu Unrecht die Methode der Nullhypothese angewendet worden sei (E. 2.3.1, Hervorhebungen durch mich).
Der Herr Opferanwalt aus der weltläufigen Gross-Stadt Baden/AG vermag mit seinem Auftritt vor Bundesgericht nicht so recht zu überzeugen. Erstens bezeichnet er seine Eingabe unrichtigerweise als „staatsrechtliche Beschwerde“. Ok, kann ja mal passieren, das Bundesgericht hat denn auch grosszügig darüber hinweg gesehen und ist gleichwohl eingetreten. Sodann übt er Kritik am Verfahren vor Obergericht (der Inhalt des Verhandlungsprotokolls stimme nicht mit der Audioaufnahme überein und das Gericht sei bemüht gewesen, deren Benutzung zu verhindern), unterlässt es aber, für diese pauschalen Behauptungen entsprechende Belege zu benennen. Folge: Nichteintreten in diesem Punkt. Und letztlich beantragt er unentgeltliche Rechtspflege, unterlässt es aber, den Grundbedarf der Klientin darzulegen, „weshalb die finanziellen Verhältnisse nicht abschliessend geprüft werden können“. Folge: Abweisung des Gesuches. Etwas viel Unbedarftheit auf einmal.
@Jürg Fehr: Opferanwalt? Das war doch eine Laienbeschwerde, oder übersehe ich da etwas?
Sorry, sorry. Wieder mal etwas allzuschnell über alles hinweggelesen. Der Anwalt aus der weltläufigen Stadt Baden ist in der Tat nur Vertreter des Beschuldigten und das „Opfer“ hat in der Tat eine Laienbeschwerde eingereicht. Lehre: Nächstesmal zunächst etwa genauer lesen ….