Wunderwaffe Gewerbsmässigkeit

Wird einem Beschuldigten Gewerbsmässigkeit vorgeworfen, fällt die begrenzende Funktion des Tatverdachts nach Auffassung des Bundesgerichts dahin. Das wird in einem neuen Entsiegelungsentscheid bestätigt (BGer 1B_256/2020 vom 22.07.2021). Das Bundesgericht lässt es zu, dass die Staatsanwaltschaft die sichergestellten Datenträger nach weiteren möglichen (zusammenhängenden) Delikten oder nach weiteren Geschädigten ausforscht:

Dabei ist denkbar, dass der Beschwerdeführer auch bei anderen Kreditkarteninstituten möglicherweise missbräuchlich Kreditkarten beantragt bzw. über weitere Online-Plattformen als den bisher bekannten Waren zum Verkauf angeboten und in der Folge trotz Bezahlung nicht geliefert hat. Vor dem Hintergrund der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen grösstenteils gewerbsmässig begangenen Delikte hielt die Vorinstanz jedenfalls zu Recht fest, dass eine Eingrenzung weder in sachlicher noch in zeitlicher Hinsicht gerechtfertigt sei. Insbesondere der Vorwurf der Gewerbsmässigkeit lässt auf eine Häufigkeit der Einzelakte innerhalb eines bestimmten Zeitraums schliessen (vgl. BGE 129 IV 188 E. 3.1.2; Urteil 6B_1302/2020 vom 3. Februar 2021 E. 2.2.1; je mit Hinweisen). Dass dabei verschiedene teilweise noch nicht bekannte Personen bzw. Unternehmen geschädigt wurden, liegt, wie erwähnt, nahe (E. 4.1, Hervorhebungen durch mich).

Den Vorwurf der Beweisausforschung und der Verletzung der Unschuldsvermutung weist das Bundesgericht zurück:

Stattdessen muss es der Staatsanwaltschaft vorliegend im Rahmen ihrer laufenden Strafuntersuchung wegen gewerbsmässigem Betrug etc. möglich sein, den Sachverhalt umfassend abzuklären. Dazu gehört es auch, allfällige weitere im Zusammenhang mit den zu untersuchenden Vorwürfen stehenden Delikte sowie Geschädigte, die ebenfalls Opfer der mutmasslichen Betrugsmaschen des Beschwerdeführers wurden, unter Zuhilfenahme der sichergestellten Aufzeichnungen zu ermitteln. Insofern kann auch nicht von einer unzulässigen Beweisausforschung bzw. einer “krassen Aushöhlung der Unschuldsvermutung” gesprochen werden. Es besteht vielmehr ein enger Sachzusammenhang zwischen den verfolgten Straftaten und den zu untersuchenden Aufzeichnungen, unter welchen sich vermutungsweise weitere untersuchungsrelevante Hinweise wie gefälschte Urkunden, Betrugsopfer etc. befinden. Auf die Ermittlung solcher Hinweise ist die angestrebte Entsiegelung gerichtet. Von einem fehlenden Deliktskonnex kann folglich nicht gesprochen werden und die Vorinstanz hat die Untersuchungsrelevanz der zu entsiegelnden Aufzeichnungen zu Recht bejaht (E. 4.1).