Zu dick auftragende Anwälte?

Liliane Minor findet es in Ordnung, dass die Randalierer vom Central seit zwei Wochen in Untersuchungshaft sind. In ihrem Beitrag kritisiert sie die Eltern der Untersuchungsgefangenen und deren Anwälte.

Ihre “Argumente” stossen bestimmt auf breite Zustimmung, was aber nichts daran ändert, dass sie reichlich verfehlt sind. Hier ein paar Zitate mit meinen [Klammerbemerkungen]:

  • “Und weil die meisten Leute nicht wissen, wie eine Strafverfolgung abläuft, wirkt das, was jetzt ihren Kindern passiert, bedrohlich – selbst wenn die Strafverfolger nur ihre ganz normale Arbeit tun.” [ganz normal heisst leider nicht zwingend ganz legal und ist als Argument ohnehin völlig untauglich].
  • “Tatsächlich passiert mit den jungen Leuten nichts anderes als das, was in der Strafprozessordnung vorgegeben ist. Dennoch klagte eine Anwältin, ihr Klient habe die Eltern nicht anrufen dürfen. Dabei ist ein Telefonverbot bei volljährigen Personen in der Untersuchungshaft normal. Die Anwältin müsste das wissen und sie sollte besser die Eltern auf ihr Besuchsrecht hinweisen.” [nochmals: ganz normal heisst nicht zwingend ganz legal. Ein absolutes Telefonverbot gibt es nicht und die Durchsetzung eines Besuchsrecht kann durchaus länger dauern als die Haft selbst. Abgesehen davon darf man wohl davon ausgehen, dass die Anwältin auf das Besuchsrecht hingewiesen hat].
  • “Die Untersuchungshaft für die mutmasslichen Central-Randalierer dauert nicht länger als bei anderen Tätern in ähnlichen Fällen.” [ich wiederhole mich: normal heisst nicht zwingend legal. Woher weiss die Autorin übrigens, wie lange die Haft in solchen Fällen dauert und dass es sich bei den Gefangenen um Täter handelt? ].
  • “Es ist bekannt, dass die Richter an den Zürcher Zwangsmassnahmengerichten (früher Haftrichter genannt) eher grosszügig Untersuchungshaft bewilligen – das ist schon seit Jahren so. Rechtlich ist das in Ordnung. Und offensichtlich hat sich die Praxis bewährt. Sonst wäre man längst davon abgerückt, denn wer zu Unrecht in Haft genommen wird, erhält eine kostendeckende Entschädigung.” [ok, ich bin langweilig: normal heisst nicht zwingend legal. Das mit der Entschädigung ist halt auch nicht so einfach, wie es sich die Autorin vorstellt. Kostendeckend ist sie übrigens nicht].
  • “Entlarvend ist die Tatsache, dass die Anwälte, die sich in den Medien zu Wort gemeldet haben, kein Haftentlassungsgesuch für ihre Klienten gestellt haben. Wären die jungen Leute wirklich zu Unrecht in Haft, hätten die Anwälte das längst getan. Überdies kann jeder Inhaftierte einen Strafbefehl akzeptieren, um freizukommen. Ein definitives Schuldeingeständnis ist das nicht, das müsste jeder Anwalt wissen. Denn jeder Strafbefehl kann angefochten werden.” [Das zu kommentieren ist mir nun einfach zu blöd, belegt aber immerhin, dass die Autorin schlicht nicht genug vom Thema versteht].
  • “Nun wäre es etwas anderes, wenn die Anwälte ihre Klagen und Verschwörungstheorien im Gerichtssaal vertreten würden. Dort haben sie die Version des Klienten ohne Wenn und Aber glaubhaft zu machen, und dafür dürfen sie jede noch so haarsträubende Theorie verbreiten. Richter wissen das einzuordnen und damit umzugehen. Aber solche Thesen öffentlich zu verbreiten, ist mehr als heikel. Bislang haben Anwälte in der Schweiz das aus gutem Grund unterlassen. Denn damit untergräbt man die Glaubwürdigkeit des Rechtssystems. Und, noch schlimmer: Die Anwälte schaden möglicherweise der Sache ihrer Klienten.”[Dass die Anwälte der Sache ihrer Klienten (also der Täter) schaden, dürfte der Autorin doch nur recht sein. Hier trifft sie aber tatsächlich einen wunden Punkt: Anwälte sind gegenüber den Medien vor allem aus einem Grund sehr zurückhaltend: sie müssen davon ausgehen, dass die Medien kaum je auf der Seite der Beschuldigten stehen. Das hat seinen Grund darin, dass die Medien davon ausgehen, dass die Strafbehörden immer ganz normal und ganz legal vorgehen].