Zu erwartende Massnahme rechtfertigt Präventivhaft

Das Bundesgericht hat in einem kürzlich ergangenen Entscheid bestätigt, dass auch auf Gesuch um Entlassung aus dem vorzeitigen Massnahmenvollzug hin die Haftvoraussetzungen zu prüfen sind (BGer 1B_585/2012 vom 30.10.2012 E. 1). Der Beschwerdeführer hatte nach 10 Monaten ausgestandener Präventivhaft Überhaft geltend gemacht. Die Vorinstanz kam zum Schluss, die Haft lasse sich aufgrund der bisherigen Dauer nicht mehr lange rechtfertigen. Andererseits hat sie aber auch geltend gemacht,

der Haftgrund der Ausführungsgefahr setze gar nicht voraus, dass eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Massnahme drohe (E. 2.4)

Das Bundesgericht stellt zwar den Widerspruch in der vorinstanzlichen Argumentation fest, lässt aber die Frage zum Verhältnis zwischen Art. 221 Abs. 2 StPO und Art. 212 Abs. 3 StPO offen:

Wie es sich damit verhält, kann jedoch offen bleiben, da eine Überhaft ohnehin zu verneinen ist. Denn diesbezüglich ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung neben der zu erwartenden Freiheitsstrafe auch die Möglichkeit einer freiheitsentziehenden Massnahme zu berücksichtigen. Das gilt auch unter dem Regime der seit 1. Januar 2011 in Kraft stehenden Schweizerischen Strafprozessordnung, auch wenn deren Art. 212 Abs. 3 lediglich die Freiheitsstrafe, nicht aber die freiheitsentziehende Massnahme nennt (…) [E. 2.4].

Im vorliegenden Fall rechnet das Bundesgericht mit einer stationären Massnahme:

Zur zu erwartenden Massnahmendauer ist dem Gutachten keine direkte Aussage zu entnehmen, jedoch wird von einer hohen Rückfallgefahr ausgegangen und darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer eine Behandlung im Rahmen einer Massnahme entschieden ablehne (wobei die Chance bestehe, dass sich die Behandlungseinsicht und -bereitschaft im Laufe der Behandlung entwickelten). Diese Angaben weisen auf eine stationäre therapeutische Massnahme längerer Dauer hin. Insgesamt erweist sich deshalb die Aufrechterhaltung der seit knapp zehn Monaten dauernden Haft bzw. des vorzeitigen Massnahmenvollzugs noch nicht als unverhältnismässig (E. 2.4).

Und wann bitte wird es dann verhältnismässig? Der Entscheid liefert den kantonalen Strafverfolgern ein griffiges Rezept, psychisch schwer gestörte Menschen unabhängig von der Schwere der angedrohten Straftat wegen Ausführungsgefahr präventiv wegzusperren und damit sicherheitspolizeiliche Massnahmen ausserhalb des eigentlich Strafprozessrechts umzusetzen.